Traktoren tuckern an die Grenzen: Tschechische Bauern beteiligen sich an europäischem Protesttag

Proteste in Kroměříž

Am Donnerstag waren zum zweiten Mal in dieser Woche Traktoren mit Transparenten in Tschechien unterwegs. Diesmal hatten sich die hiesigen Bauern dem europaweitern Protesttag gegen die Landwirtschaftspolitik der EU angeschlossen.

Um fünf vor zwölf ertönten auf der Landstraße Nummer 4, die von Strážný / Kuschwarda im Böhmerwald nach Phillipsreut in Bayern führt, etwa hundert Traktorenhupen. Auch die Warnleuchten der Fahrzeuge blinkten auf für dieses Happening, das im Rahmen des Protesttages gegen die EU-Landwirtschaftspolitik stattfand.

Proteste in Kroměříž | Foto: Leona Nevařilová,  Tschechischer Rundfunk

An diesem beteiligten sich Bauern in etwa zehn Ländern Mittel- und Osteuropas, aber auch in Deutschland und Frankreich. In Tschechien versammelten sich nach Angaben der Agrarkammer etwa 3000 Traktoren und andere Nutzfahrzeuge an 16 Orten entlang der gesamten Grenze. Die Landwirte trafen dort mit ihren Kollegen aus allen drei Nachbarländern zusammen. Zur Mittagsstunde traten dann alle wieder den Nachhauseweg an. Einen solchen eher symbolischen Protest hatte Barbora Pánková, Pressesprecherin der Agrarkammer, zuvor auch angekündigt:

„Unser Ziel ist nicht, das Leben in Tschechien zu blockieren oder die Bevölkerung in ihrem Alltag einzuschränken. Vielmehr ist unser Ziel vor allem, auf jene Probleme aufmerksam zu machen, mit denen die Landwirte zu tun haben.“

Die vorgebrachten Kritikpunkte sind bei den Landwirten über die Grenzen hinweg oft die gleichen. So beschweren sie sich über einen übermäßigen Bürokratieaufwand bei der Nutzung von EU-Geldern. Des Weiteren geht es den Demonstranten um die Auswirkungen, die der europäische Green Deal für sie hat. Die Maßnahmen zur Emissionssenkung würden ihre Betriebskosten deutlich erhöhen, so der Vorwurf. Und außerdem richten sich die Protestierenden gegen die zollfreie Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten aus Drittländern wie etwa der Ukraine oder aus Südamerika.

Zu den Aktionen am Donnerstag hatte ebenfalls der tschechische Landwirtschaftsverband aufgerufen. Martin Pýcha ist der Vorsitzende:

„Die aktuelle europäische Landwirtschaftspolitik bedeutet für die Bauern, dass ihre Arbeit keine Zukunft hat. Die Kosten steigen in riesigem Umfang an. Und ständig werden neue und neue Anforderungen gestellt, die wir aber nicht auf die Herstellungskosten der Lebensmittel umlegen können.“

Vorbereitungen für den Protest am Grenzübergang Hodonín/Holíč | Foto: Štěpánka Kadlečková,  Tschechischer Rundfunk

Vor allem in Polen und in Westeuropa hatte es in den vergangenen Wochen bereits großangelegte Proteste gegeben. In Tschechien fuhren die Bauern am Montag dieser Woche das erste Mal mit ihren Traktoren auf die Straße. Einige Mitorganisatoren nutzten diese Demonstration in Prag aber für antisystemische Proklamationen und diskreditierten die Veranstaltungen damit nicht nur bei anderen Berufsverbänden und der Regierung, sondern auch in den Augen vieler Teilnehmer. Der Ton rund um die Proteste am Donnerstag jedenfalls war deutlich sachlicher, und auch Landwirtschaftsminister Marek Výborný (Christdemokraten) äußert Verständnis für die vorgebrachten Anliegen:

Marek Výborný | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Es herrscht Einigkeit bei den tschechischen und auch den europäischen Agrarorganisationen, dass der ganze Sektor überbürokratisiert ist. Dies hat ein so untragbares Maß erreicht, dass nicht einmal ich es verstehe oder erklären könnte.“

Mit seinen Ressortkollegen aus den anderen EU-Mitgliedsländern wird der tschechische Minister das Thema am Montag bei einer außerordentlichen Ratssitzung diskutieren. Die hiesigen Bauernverbände blicken zudem mit Spannung auf die Abstimmung der Regierung über einen neuen Strategieplan für die Branche, den Výborný vergangene Woche vorgestellt hat.

Autoren: Daniela Honigmann , Eliška Balcárková | Quelle: Český rozhlas Plus
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