Zu wenig Leute, zu viel Bürokratie: Tschechische Polizisten starten Proteste
Aus Protest wollen einige Polizisten in Tschechien diese Woche weniger Bußgelder verhängen und bei Einsatzfahrten bummeln. Damit soll auf die Missstände im Polizeiwesen hierzulande aufmerksam gemacht werden.
Wer sich diese Woche in Tschechien eine Ordnungswidrigkeit zuschulden kommen lässt, könnte eventuell auf mild gestimmte Polizisten treffen. Denn Ermahnungen anstatt Bußgeld – so lautet eine der Formen eines Protestes, den die Beamten am Montag gestartet haben. Martin Červenka hat diesen Ausstand organisiert. Er leitet die Polizei im südböhmischen Písek und ist stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaftsorganisation der Sicherheitskräfte. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks betonte er, dass die protestierenden Polizisten selbstverständlich weiter ihren Aufgaben nachkommen würden, wenn wirklich Gefahr in Verzug sei:
„Nur in jenen weniger schweren Fällen, in denen das gesetzlich gedeckt ist, werden wir die Angelegenheit mündlich lösen. Dabei versuchen wir, den Menschen zu erläutern, in welchem Zustand sich die Polizei befindet.“
Und dieser Zustand ist laut Červenka schlecht. Bei nur etwa 30.000 Kronen (1190 Euro) liegt den Statistiken nach das Einstiegsgehalt eines Polizisten. Zu unattraktiv im Vergleich zu Jobs in der freien Wirtschaft sei dies, betont Červenka. Weil die Löhne zu niedrig seien, fehle das Personal, und gleichzeitig halte die Bürokratie die Polizisten davon ab, ihrer Aufgabe als Ordnungshüter im gewünschten Maß nachzukommen, ergänzt er…
„Das Wichtigste ist, die Unterbesetzung zu lösen. Auf dem zweiten Platz folgt die Bürokratie. Denn die wenigen Polizisten, die es noch gibt, machen im Prinzip nichts anderes, als dauernd Papiere zu schreiben – vor allem weil sie Aufgaben erfüllen müssen, die eigentlich nicht zu ihrer Kerntätigkeit gehören. Deswegen kommen sie nicht zu ihrer wesentlichen Arbeit, und das ist der Einsatz auf der Straße“, so Červenka.
Wie viele Polizisten sich diesem Protest nun angeschlossen haben, war am Montag nicht klar. Laut den Organisatoren soll es jedoch eine Mehrheit im ganzen Land sein. Polizeipräsident Martin Vondrášek sagte, er unterstütze die Forderungen, halte jedoch die Form des Protestes für unglücklich.
In den vergangenen Wochen gab es bereits Verhandlungen mit Innenminister Vít Rakušan (Stan) über höhere Löhne und Bürokratieabbau. Zum zweiten der beiden Punkte fordern die Polizei-Gewerkschaften eine gemeinsame Arbeitsgruppe. Dazu der Ressortchef:
„Es gibt viele Digitalisierungsprojekte, durch die künftig bestimmte Aufgabenbereiche der Polizisten überflüssig werden. Der Polizeipräsident und ich haben keine Probleme mit einer Arbeitsgruppe. Sicher wird der Polizeipräsident diejenigen Polizisten, die diese fordern, noch ansprechen.“
Keine Einigung gibt es jedoch bisher bei den Lohnforderungen. Die Gewerkschaften fordern für das kommende Jahr mindestens 2200 Kronen (87 Euro) mehr pro Monat für die Polizisten und weitere mittelfristige Zusagen. Rakušan hat jedoch nur 1500 Kronen (59 Euro) zugesichert sowie jeweils fünf Prozent Lohnerhöhung in den Jahren 2026 und 2027. Und der tschechische Staatshaushalt für 2025 ist eigentlich bereits fertig und wird derzeit im Parlament behandelt.
Daher planen neben der Gewerkschaftsorganisation der Sicherheitskräfte auch der Unabhängige Gewerkschaftsbund der Polizei und die Union der Sicherheitskräfte demnächst noch eine weitere Protestaktion. Mit einem Rap-Song rufen sie nicht nur die Polizisten, sondern unter anderem auch Feuerwehrleute dazu auf, am 21. November vor das Innenministerium zu ziehen und dort lautstark zu demonstrieren.