Große Koalition der Religionen

Dalai Lama (Foto: CTK)

Eine große Koalition der Religionen - so nannte der tschechische Präsident Vaclav Havel das Projekt, dessen erste Schritte am Mittwoch unternommen wurden. Vertreter von vier Weltreligionen kamen in Prag an einem Tisch zusammen, um über die Rolle und Verantwortung der Religionen in der heutigen Welt zu debattieren. Dagmar Keberlova war auf der Prager Burg dabei.

Dalai Lama  (Foto: CTK)
Ist es möglich, einen Zusammenprall zwischen den Religionen zu vermeiden? Wo können die verschieden Religionen zusammenkommen und miteinander kommunizieren? Und ist ein Dialog überhaupt möglich? Dies waren nur einige der Fragen, mit denen sich Vertreter des Christen- und Judentums, des Buddhismus und des Islams am Mittwoch beschäftigten. Der Initiator des Treffens, Präsident Vaclav Havel, sprach in seiner Eröffnungsrede über die Probleme der Menschheit, die sich im Endeffekt immer als Probleme des einzelnen Menschen und seines Verhaltens sowie seiner Moral erweisen. Die Terrorangriffe in den USA vom vergangenen September seien eine Aufforderung zur Reflexion über die Welt gewesen:

"Ich glaube, dass es eine Aufforderung zur Reflexion über die heutige Welt ist, zu Überlegungen über die moralischen, existenziellen, metaphysischen Zusammenhänge unseres Lebens und der Co-Existenz in dieser Welt. Ich wäre froh, wenn auch diese Diskussion auf eine bescheidene Art und Weise zu einem neuen Sich-Bewusst-Werden des Menschen, zur Suche nach gegenseitigem Respekt und nach Zusammenarbeit beitragen würde."

Fast alle Vertreter einigten sich auf eine Tatsache, und zwar darauf, dass die verschiedenen Religionen doch zusammenarbeiten können. Eine Ausnahme war der Prager Rabbi Sidon, der sich hierzu skeptisch äußerte und von einander entgegen fahrenden Zügen sprach, deren Aufprall unvermeidlich sei. Der islamische Scheik Mohammed Ali bekräftigte mehrmals, dass auch der Islam von seinem Verständnis her das Bemühen habe, andere Religionen und Kulturen zu respektieren. Beeindruckend und sehr offen war der Auftritt des schwedischen Geistlichen Hans Ucko, der später ebenso wie seine Hoheit, der Dalai Lama, die Bedeutung der Erziehung zur Pluralität und zum Respekt gegenüber anderen Religionen unterstrich. Diese anderen Religionen müsse man in sein eigenes religiöses Verständnis einbeziehen und Religion nicht in getrennten Blöcken denken. Dies sei nach Meinung von Hans Ucko eine große Gefahr. Des weiteren müsse man auch imstande sein, die dunklen Seiten seiner eigenen Religion anzuerkennen und sich mit ihnen auseinander zu setzen. Der Dalai Lama bannte mit seiner von Herzen kommenden und von Lachen begleiteten Rede die Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Er wies auf die Notwendigkeit der Existenz von verschiedenen Religionen hin, denn ebenso wie jedem ein anderes Essen schmecke, brauche jeder seine Religion, dies dürfe aber nicht zu Problemen führen. Die Bedeutung jeder Religion bestünde darin, jedem einzelnen Individuum die menschlichen Werte mitteilen zu können:

"Wir müssen mit mehr Nachdruck die menschlichen Werte durchsetzen. Mit diesen können wir die Menschen zum Respekt für andere erziehen." Die Menschen stecken immer große Hoffnung in die Entwicklung der Technologien und der Wissenschaften und vergessen dabei das menschliche Herz, das ihm zufolge viel mehr wieder in den Fordergrund treten müsse. Wenn man andere Religionen respektiere, so der Dalai Lama, würde es nicht passieren, dass Menschen zweier Religionen gegeneinander kämpfen und dann alle zu Gott beten.