Hájek-Affäre: „Klaus lässt Provokationspotenzial in der Öffentlichkeit testen“

Petr Hájek (Foto: Luděk Kovář, Creative Commons 3.0)

Zuletzt kam der tschechische Präsident Václav Klaus – wenn auch ungewollt - ganz groß raus, als er einen staatlichen chilenischen Kugelschreiber geheimnisvoll in seinem Anzug verschwinden ließ. Millionen von Youtube-Fans sahen es. Zu Wochenbeginn, als die Nachricht von der Tötung des Top-Terroristen Bin Laden die Zeitungen dominierte, kam es zu einem erneuten Fall unfreiwilliger Medienpräsenz. Alles drehte sich um des Präsidenten Berater Petr Hájek und dessen „ungewöhnliche“ Ansichten. Christian Rühmkorf sprach mit dem Politologen Robert Schuster über das Geschehen auf der Prager Burg.

Osama Bin Laden  (Foto: ČTK)
Robert Schuster, die Reaktion von Präsident Klaus auf die Tötung von Osama Bin Laden ließ auf sich warten. Zu hören war stattdessen sein Berater Petr Hájek. Der rief aus, Osama Bin Laden sei eine „mediale Fiktion“, geschaffen von den Amerikanern. Das hat auch international Wellen geschlagen. „Prager Hofnarr“ schrieb zum Beispiel „Die Welt“. Am Mittwoch ist der Präsident dann in die Defensive gegangen und hat sich von den Worten Hájeks distanziert. Rückzieher kennt Klaus eigentlich nicht. Hat er kalte Füße bekommen?

Václav Klaus  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
„Ich denke, das hat alles einen ziemlich einfachen, profanen Grund, und zwar: Václav Klaus fürchtete sich vielleicht vor der negativen Reaktion in den Vereinigten Staaten von Amerika. Denn er ist einer der wenigen tschechischen Politiker, die wirklich jeden Augenblick – wenn ich das etwas übertreibe – oder alle zwei Monate in die USA fliegen, dort Vorträge halten vor wichtigen Institutionen, auch an Universitäten, vor Think Tanks. Und wenn in den USA, wo das wirklich das große Thema ist – Stichwort Osama Bin Laden und dessen Urheberschaft für die Anschläge auf das World Trade Center vom 11. September 2001 – wenn da jemand hören würde, dass Václav Klaus oder jemand aus der Umgebung von Václav Klaus diese Angelegenheit oder die gängige Interpretation bezweifelt, dann würde das für Václav Klaus das Aus bedeuten. Das heißt, er hat – würde ich meinen – eher etwas egoistisch gehandelt und Prinzipientreue, also sich vor seinen Berater zu stellen, diesem Renommee in den USA geopfert.“

Petr Hájek  (Foto: L. Kovář,  Creative Commons 3.0)
Also eher außenpolitische Gründe als innenpolitische. Nicht distanziert hat sich Klaus von dem erzkonservativen Hájek als Präsidentenberater – nur von seinen Worten. Auch der Generalsekretär von Klaus, Ladislav Jakl, ist noch im Amt. Jakl hat zum Beispiel die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko als mediale Blase in der Hand globaler Regisseure bezeichnet vergleichbar mit der Schweinegrippe. Auch die Unesco wollte er schon abschaffen. In anderen Ländern arbeiten Präsidentenberater im Hintergrund. Warum ist das gerade auf der Prager Burg unter Václav Klaus anders?



Ladislav Jakl  (Foto: ČTK)
„Ich denke, beide Berater – sowohl Jakl als auch Hájek – haben eine ganz konkrete Aufgabe. Und zwar sollen sie von Zeit zu Zeit gewisse Meinungen testen. Das heißt: durch betont pointierte Meinungen, Artikel in Zeitungen oder auf ihren Blogs zu testen, wie die Öffentlichkeit reagieren würde. Und es ist schon ein paar Mal passiert, dass kurz danach, wenn die Öffentlichkeit erwartungsgemäß reagiert hat, dann auch Václav Klaus - natürlich nicht so radikal oder brachial - aber doch etwas in einem ähnlichen Sinne geäußert hat. Das war zum Beispiel in Bezug auf diese Ölkatastrophe vom Golf von Mexiko der Fall, wo einige Tage nach Jakls Aussagen, dann auch Klaus in eine ähnliche Kerbe hieb mit seiner Meinung. Also er setzt diese beiden ehemaligen Journalisten – muss man ja sagen – gezielt ein, um dieses Provokationspotenzial in der tschechischen Öffentlichkeit und auch bei den politischen ´Mitbewerbern´ zu testen.“

Schadet Präsident Klaus dem Ansehen des Landes, indem er solche Berater an die mediale Front schickt?

„Eigentlich schon. Aber die Frage ist, ob es nur die Berater sind – ob es nicht vielmehr der Präsident selber ist, der dem Ansehen des Landes schadet. Das ist an sich die Frage.“