Haslinger, Kohout, Gruša und Urzidil – Literatur aktuell und posthum in Wien
Im neuen Jahr starten wir unsere Sendereihe Aviso mit dem Tschechischen Zentrum in Wien. Das Januar-Programm stellt die scheidende Leiterin des Zentrums, Taťjana Langášková, im Gespräch für Radio Prag vor.
„Es wird ein runder Tisch mit hochkarätiger Besetzung stattfinden. Es geht auf meine Initiative zurück, dass wir eine Zusammensetzung mit ausgewählten Experten hinbekommen haben. Zuerst haben wir Herrn Haslinger gefragt, ob er bereit wäre, bei uns an einer Veranstaltung teilzunehmen. Das ist ganz eigenartig: Der Roman ist sehr neu, er ist Ende vergangenen Jahres erschienen, aber Haslinger hat schon viele Lesungen gehabt – in Wien mindestens zwei oder drei. Deswegen wollten wir etwas anderes gemacht und mit ihm diesen Runden Tisch vereinbart. Dafür haben wir den Zeitzeugen Karel Kukal gewinnen können, er spricht Deutsch, weil er in der Schweiz lebt. Und zudem den jungen Historiker Tomáš Bouška, der die Oral-History-Plattform politictivezni.cz (PolitischGefangene.cz, Anm.d.Red.) gegründet hat. Die Moderation übernimmt Anita Lackenberger. Mit Bouška und Lackenberger haben wir auch schon früher zusammengearbeitet. An dem Abend wird also nicht nur der Autor selbst aus seinem Roman lesen, sondern es wird auch auf einer breiteren Ebene über Jáchymov als Thema gesprochen.“
Die Lesung und Podiumsdiskussion findet im Übrigen am 12. Januar im Tschechischen Zentrum statt. Ebenfalls eine Biographie steht auch im Mittelpunkt einer weiteren Veranstaltung am 17. Januar. Sie heißt „Fifi – Gruß gen Himmel“ und ist dem im vergangenen Jahr verstorbenen Diplomaten und Schriftsteller Jiří Gruša gewidmet. Klären Sie doch bitte unsere Hörer auf, warum die Veranstaltung Fifi heißt…
„Fifi war ein Spitzname. Pavel Kohout, der den Titel der Veranstaltung vorgeschlagen hat, könnte das sicher besser erklären. In Grušas Freundeskreis war das so ein Name, weil er nicht singen konnte.“
Zur Veranstaltung eingeladen sind der erwähnte Schriftsteller Pavel Kohout und Grušas Sohn Václav, der Jahrgang 1976 ist. Können Sie zu beiden ein paar Worte sagen?
„Pavel Kohout ist, glaube ich, allen bekannt. Er ist als Schriftsteller und Dramatiker tätig. Ich würde behaupten, er ist in Wien neben Jiří Gruša der wichtigste tschechische Schriftsteller. Ich habe ihn deshalb angesprochen, weil ich mit Jiří Gruša ein sehr gutes Arbeitsverhältnis hatte. Gruša ist bei drei Mal bei unseren Veranstaltungen aufgetreten. Ich dachte einfach, dass wir ihm das schuldig sind. Herr Kohout hat dann eingewilligt und hat auch Grušas Sohn vorgeschlagen, der ebenfalls in Wien lebt und als Autor und Übersetzer arbeitet. Am 30. Januar wird Václav Gruša übrigens gemeinsam mit Rhea Krčmářová, einer tschechisch-österreichischen Autorin, einen eigenen Abend bei uns haben.“Ende des Monats, am 25. Januar, steht erneut Literatur im Mittelpunkt: der deutsch-böhmische Autor Johannes Urzidil. Er war jüngstes Mitglied im Prager Kreis um Kafka, Werfel und Brod und emigrierte 1939 in die USA. In welcher Weise werden Sie nun im Tschechischen Zentrum in Wien an ihn erinnern?
„Eigentlich wurde diese Veranstaltung vom Deutschen Kulturforum östliches Europa konzipiert und organisiert, aber sie findet zu meiner großen Freude bei uns statt. Es wird ein Buch vorgestellt, am 25. Januar bei uns, am 26. Januar in Linz und am 27. Januar in Salzburg. Das Buch heiß „HinterNational – Johannes Urzidil, ein Lesebuch von Klaus Johann und Vera Schneider“, und beide Autoren werden das Buch hier präsentieren. Einer der wichtigsten Urzidil-Forscher, Gerhard Trapp, wird anwesend sein und Teile aus seinem Briefwechsel mit dem Schriftsteller vortragen. Der Schriftsteller ist ja erst 1970 gestorben.“Zum Ende des Monats werden Sie, Frau Dr. Langášková, Wien ja nach vielen Jahren verlassen. Gehen Sie mit schwerem Herzen?
„Wien werde ich wahrscheinlich nicht verlassen, das ist meine zweite Heimat. Es ist noch nicht ganz klar, ob ich ganz weggehe oder nur teilweise. Den Job verlasse ich aber mit schwerem Herzen. Es war von Anfang an klar, dass der Auftrag hier zeitlich begrenzt ist und ich war immerhin viereinhalb Jahre hier. Die Zeit hier habe ich sehr genossen und es tut mir natürlich ein bisschen Leid, dass ich jetzt gehen muss.“