Havel empfängt die Gewinner des Literaturwettbewerbs "Was man mir zu Hause erzählt hat"

Staatspräsident Vaclav Havel empfing am Donnerstag auf der Prager Burg eine ganz besondere Delgation. Es waren sechs Kinder aus Romafamilien, die Gewinner des Literaturwettbewerbs "Was man mir zu Hause erzählt hat". Mehr zu diesem Wettbewerb erfahren Sie im folgenden Beitrag von Karin Schöne.

Für die sechs Mädchen war der Donnerstag ein großer Tag, als sie dem tschechischen Präsidenten Vaclav Havel das Buch mit ihren Geschichten übergeben konnten. Der Wettbewerb, der aus ca. zwanzig Jungen und Mädchen aus Romafamilien junge Autoren gemacht hat, ist auf Initiative der Bürgervereinigung R-Mosty und der Präsidentenkanzlei hervorgegangen. Zielsetzung des Projektes war es, dass die Kinder mit ihren Verwandten über deren Vergangenheit sprechen und so besonders die dunklen Kapitel der Geschichte ihres Volkes in der Tschechischen Republik kennenlernen. Der Dialog und auch die Dokumentation sollen damit zur Stärkung des Selbstbewusstseins dieser ethnischen Gruppe beitragen, so die Projektkoordinatorin Helena Dluhosova.

Das mit vielen Zeichnungen zum Thema geschmückte Buch erzählt aus Kindermund ganz individuelle Familiengeschichten, wie die der Großtante der elfjährigen Lucie, die während des Krieges gezwungen war, in Tschechien in einer reichen "weißen " Familie zu dienen, wo man sie schlecht behandelte. Eines Tages wurde sie angeschossen, als sie nachsehen musste, ob sich in der Nähe deutsche Soldaten befänden. Wenig später, nachdem es ihr gelungen war, zu flüchten, starb sie. Ganz genau kennt Lucies Familie und deren Geschichte auch Alena Kopidelova, Leiterin der Charité im mährischen Frydek-Mystek. Sie konnte uns berichten, wie Lucie von dem Wettbewerb erfuhr.

"In der Charitee Frydek-Mystek entstand ein Klub, der ursprünglich für die Kinder von der Straße gedacht war, für Kinder, die in den Ferien nirgendwo hinfahren konnten. Da der Klub großen Zulauf hatte, arbeiteten wir auch über das Schuljahr hinweg weiter und es kamen viele Kinder aus Romafamilien zu uns. So habe ich auch Lucka kennengelernt."

Die elfjährige Lucie verriet uns, dass sie von der Geschichte ihres Großvaters, der im Konzentrationslager war, noch nichts gewusst hatte, bis sie ihren Vater danach fragte. Und was fühlte sie, als ihr ihre Eltern davon erzählten:

"Zuallerst war es ein Schock. Ich wollte das alles gar nicht glauben."

Präsident Havel sagte den Kindern, dass er ihre Arbeit, die Zeichnungen und Geschichten, für sehr wichtig halte, denn, so Havel, das Gedächtnis, ist es, das den Menschen zum Menschen macht.

Autor: Karin Schöne
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