Havel mahnt Paroubek: Kohletagebau nicht zu Lasten der Lebensqualität
Es ist relativ still geworden um Vaclav Havel, den ehemaligen Präsidenten der Tschechoslowakischen Föderativen Republik (CSFR) und der 1993 gegründeten Tschechischen Republik (CR). Zumindest was seine Auftritte im Scheinwerferlicht der medialen Öffentlichkeit betrifft. Doch Havel nimmt nach wie vor aktiv Einfluss auf die gesellschaftlichen Prozesse in seinem Heimatland. Das wurde gerade dieser Tage wieder deutlich, als er sich in einem offenen Brief an den amtierenden Premierminister Jiri Paroubek wandte. In welcher Angelegenheit, dazu mehr von Lothar Martin.
"Und 96 Prozent der Befragten haben sich gegen den Niederriss der Gemeinde ausgesprochen. Die Stimmung hier war nicht gerade zum Besten bestellt. Viele haben nämlich mit dem Bau von Familienhäusern begonnen, während die Fördergesellschaft ihre Kohleförderung bis zu uns nach oben ausweiten wollte. Nach dem Referendum sind die Menschen jedoch sehr selbstsicher und glauben, dass die Gemeinde erhalten bleibt."
Womöglich ein Trugschluss, weiß auch Glavica, der darauf verwies, dass in der Vergangenheit allein in der Umgebung von Most / Brüx schon rund 90 Ortschaften der Braunkohleförderung zum Opfer gefallen sind. Paroubek hatte schließlich mehrfach die Kohleenergie zum wichtigsten Energieträger des Landes nach der Atomkraft erklärt. Doch nun hört sich seine Rhetorik schon etwas gedämpfter an. Auf Havels Kritik ließ der Premier über die Regierungssprecherin verlauten, dass im Falle eines Kabinettsentscheids für die Aufhebung der Förderquoten die örtlichen Bürger, Gemeinde- und Kreisverwaltungen das letzte Wort darüber hätten, ob Kohle in ihrem unmittelbaren Lebensraum abgebaut werden kann oder nicht. Für Vaclav Havel und die tschechischen Umweltschützer stößt es ohnehin auf Unverständnis, dass die nationale Regierungspolitik angesichts des voll belastbaren Atomkraftwerks Temelin immer noch auf den gleichzeitigen Ausbau der Kohlerförderung setzt. Der Vollendung des AKW Temelin lag nämlich seinerzeit das Versprechen zugrunde, im Gegenzug die Leistung der Wärmekraftwerke in Nordböhmen auf ein vernünftiges Maß herunterzufahren, erinnerte Havel die Politiker der Gegenwart.