Gemeinden protestieren gegen Ausweitung des Tagebaus in Nordböhmen

Zámek Jezeří, foto: Whitesachem, Wikimedia Creative Commons 3.0

Am südlichen Rand des Erzgebirges wird Braunkohle abgebaut. Dem Tagebau mussten Gemeinden und sogar Städte weichen, die Landschaft ist verschandelt und die Luft voller Feinstaub. Nach der politischen Wende fasste die damalige tschechische Regierung daher den Beschluss, den Tagebau dort auslaufen zu lassen. Dazu wurden sogenannte Förderlimits für die Gruben festgelegt, und diese wurden bisher von jeder weiteren Regierung bestätigt. Im Sommer plädierte Staatspräsident Zeman dafür, die Limits aufzuheben. In den betroffenen Gemeinden regt sich nun Widerstand.

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Noch bewegen sich die Förderbänder, aber 2022 sollen die Schaufelradbagger in drei nordböhmischen Gruben stillstehen. Dann wären die Förderlimits erschöpft. Der dazugehörige Regierungsbeschluss stammt von 1991 und schützt zum Beispiel den Ort Horní Jiřetín / Obergeorgenthal. Seit 68 Jahren wohnt Jana Žážová dort. Nicht weit von ihrem Haus geht es steil hinunter, in die Grube „Tschechoslowakische Armee“. Žážová hofft schon lange auf ein Ende des Tagebaus:

„Es wäre gut, wenn endlich alles vorbei ist, weil wir in ständiger Unsicherheit leben.“

Horní Jiřetín steht genau auf einem der Flöze. Das Unternehmen Czech Coal würde gerne den Tagebau bis dorthin ausweiten, viele Menschen müssten dann aber ihre Häuser aufgeben. In etwa 30 Gemeinden der Gegend droht dasselbe, sollten die Förderlimits aufgehoben werden. Die Leitung der Bergbauunternehmen und die Gewerkschaften haben indes ein gewichtiges Argument: Arbeitsplätze. In Litvínov / Ober-Leutensdorf zum Beispiel erreicht die Arbeitslosenrate schon jetzt etwa 14 Prozent – das ist einer der Spitzenwerte im Land. Auch Staatspräsident Miloš Zeman sorgt sich um die Beschäftigung. Im Spätsommer kritisierte er die Fördergrenzen:

„Wenn wir die Grenzen nicht ausweiten, dann werden nach und nach bis zu 8500 Arbeitsplätze verloren gehen.“

Milan Šťovíček  (Foto: ČTK)
Zeman drängte daher Interimspremier Jiří Rusnok, sich des Themas anzunehmen. Vor einigen Wochen kündigte dieser an, seine Regierung wolle ein Gesetz zur Aufhebung der Fördergrenzen ausarbeiten. Bei den Menschen der betroffenen Gemeinden sorgte dies für Entsetzen. Ihr Wortführer ist der Bürgermeister von Litvínov, Milan Šťovíček:

„Die Aufhebung würde die Umweltlage deutlich verschlechtern, und zwar nicht nur für die betroffenen Gemeinden im Fördergebiet, sondern auch für weitere Orte direkt in den Hochnebelgebieten des Erzgebirges.“

Zudem findet der Politiker von der konservativ-liberalen Plattform STAN, die Argumentation mit den Arbeitsplätzen sei eine Milchmädchenrechnung. Denn durch die Ausweitung des Tagebaus würden in den betroffenen Gemeinden ebenso viele Arbeitsplätze verlorengehen.

„Und vor allem entsteht durch die Ausweitung der Förderlimits kein einziger weiterer Arbeitsplatz“, ergänzt Šťovíček.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Am Donnerstag führte nun der Politiker eine Delegation an, die mit Premier Rusnok sowie dessen wahrscheinlichem Nachfolger Bohuslav Sobotka verhandelt hat. Schon zuvor hatte Rusnok einen Rückzieher gemacht, und die Entscheidung über die Limits der entstehenden Dreierkoalition überlassen. Dies bestätigte er im Gespräch mit der Bürgermeisterdelegation. Und der Sozialdemokrat Sobotka sagte für die entstehende Regierungskoalition:

„Wir werden Rücksicht nehmen auf die Orte, die vom Tagebau bedroht sind, und auf die Interessen der dortigen Bewohner.“

Sobotka versprach, dass sein Kabinett innerhalb von zwei Jahren eine Entscheidung fällen werde.