Havel-Markt in Prager Altstadt muss schließen
Obst, Gemüse, Blumen, in der letzten Zeit aber vor allem Souvenirs: So sah bis vor kurzem das Angebot auf Havelské tržiště, dem Havel-Markt im Zentrum Prags aus. Wegen des letztgenannten Artikels musste der Markt nun nach fast 800 Jahren schließen.
„Es war einer der wichtigsten Märkte in Prag. Im 16. Jahrhundert wurde fast ganz Prag von hier aus versorgt. Ich bin die dritte Generation in unserer Familie auf dem Markt. Mein Opa hat hier 1935 angefangen, meine Mutter nach 1968 und ich nach der Samtenen Revolution,“ sagt der Marktbetreiber František Soukup.
Der Marktbetrieb vor der Kirche des heiligen Havel beziehungsweise Gallus in der Prager Altstadt besteht seit 1232. In den letzten Jahren haben knapp 100 Verkäufer dort ihre Produkte und Waren angeboten. Nun sind die Stände leer. Und das nicht nur in Folge der Corona-Krise. Der Markt musste im Oktober wegen einer neuen Verordnung geschlossen werden, die das Verkaufsangebot eingeschränkt hat. Neuerdings) ist es unter anderem verboten, dort Souvenirs zu verkaufen. Die Stadtverwaltung bemüht sich seit mehreren Jahren, den Verkauf von Mitbringsel-Kitsch im historischen Stadtkern zu reduzieren. Dieser Absicht fiel auch der Havel-Markt zum Opfer.
Eine der Verkäuferinnen sagte unmittelbar vor der Schließung des Marktes Ende September gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:
„Bei mir ist es nur noch bei den Blumen geblieben. Diese waren aber in letzter Zeit – nach 20 Jahren, in denen ich hier bin – eigentlich nur noch eine Dekoration. Verdient habe ich ausschließlich mit dem Verkauf der Souvenirs. Es ist traurig. Aber wir befinden uns im Zentrum Prags, und hier wohnt ja tatsächlich fast niemand mehr.“
Auch die Stadtteilverwaltung ist sich der Tatsache bewusst, dass im Zentrum Prags die Touristen dominieren. Karel Procházka (Ano) ist Stadtrat im ersten Stadtbezirk:
„Wir glauben fest, dass der Markt weiter eine Zukunft hat, und zwar in einer Form, die das Prager Stadtzentrum nach vorne bringt. Es kommt darauf an, was für Souvenirs dort verkauft werden. Wenn es Erinnerungsstücke sind, die Prag und die Tschechische Republik repräsentieren, wie etwa traditionelle Handwerkerzeugnisse, soll das weiter möglich sein.“
Der Havel-Markt ist auch im Prager Magistrat ein Thema. Der Stadtrat Jan Chabr (Top 09) dazu:
„Ich denke, dass der Havel-Markt ein gemischtes Sortiment anbieten muss. Wir können an einem touristisch so exponierten Ort nicht verlangen, dass dort ausschließlich Artikel für die Einheimischen verkauft wird, sondern ein vernünftiger Mix.“
Ein Konzept, das dieser Mischung entspricht, wurde von František Soukup bereits vor einigen Jahren vorgelegt. Bisher habe aber niemand im Magistrat und Rathaus des ersten Stadtbezirks darauf reagiert, beschwert sich der Marktbetreiber Soukup. Das soll sich nun ändern, wie der Stadtrat Karel Procházka bekräftigt:
„Wir planen Verhandlungen darüber. Ich habe mir seinen Vorschlag angeschaut, und wir haben vereinbart, dass Herr Soukup ihn vor Mitgliedern der Kommission für Handel und Dienstleistungen präsentieren wird.“
Soukup plant in seinem Konzept, die jetzigen Klappstände durch neue, feste Verkaufsbuden zu ersetzen. Dort solle es neben einem breiteren Sortiment auch Sitzmöglichkeiten und Erfrischung geben. Er will Wurstwaren und Bier anbieten, aber auch eine Bäckerei auf dem Markt errichten, so Soukup:
„Die neuen Marktbuden würden die hygienischen Vorschriften für den Verkauf der Bauernprodukte, nicht verpackter Lebensmittel und weiterer Waren erfüllen. Diese können wir in den bestehenden Ständen bisher nicht verkaufen.“
Die Verhandlungen zwischen dem Betreiber und Vertretern des Magistrats und der Stadtbezirksleitung sind für Anfang November geplant. Wegen des Corona-Notstands kann der Termin aber verschoben werden.