Herausforderung Rechtsextremismus: Deutsch-tschechische Konferenz über Zivilcourage in Medien, Bildung und Politik

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Rechtsextremistische Parteien und Gruppierungen werden zunehmend zur Herausforderung für Zivilgesellschaft, Politik und Medien. Was tun gegen den zunehmenden Rechtstrend? Und vor allem: Was tun, bevor es zu spät ist und rechtsextreme Parteien in Landtage einziehen, wie kürzlich in Mecklenburg-Vorpommern geschehen? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer deutsch-tschechischen Journalisten-Konferenz zum Thema "Extremismus, Nationalismus und Europa" am vergangenen Wochenende in Bautzen.

In Tschechien ist Rechtsextremismus bislang kein politisches Thema, noch fahren rechtsradikale Parteien wie die Narodni strana bei Wahlen weit unter einem Prozent der Stimmen ein. Dennoch gibt es keinerlei Anlass sich zurück zu lehnen, meint Martin Balcar von der Stiftung "Divoke husy" ("Wilde Gänse") in Prag:

"Die Tschechische Republik hat andere Sorgen als Deutschland. In Deutschland wird die NPD tatsächlich stark, der Rechtsextremismus ist institutionalisiert, hat ein klares Gesicht und Leute, die dahinter stehen. Tschechien hat eher das Problem einer latenten Fremdenfeindlichkeit, die Menschen haben Vorurteile gegenüber Minderheiten und überhaupt gegenüber Menschen, die anders sind."

Diese Vorurteile versucht die Stiftung von Martin Balcar durch ihre Projekte abzubauen. Einen anderen Ansatz verfolgt die Bürgerinitiative "Tolerance" ("Toleranz") von Ondrej Cakl. Sie beobachtet aufmerksam Aufmärsche von Rechtsextremisten in Tschechien und in Deutschland und leitet entsprechende Informationen an die Polizei und an die Medien weiter. Schon längst haben Deutsche und Tschechen ein gemeinsames Problem mit Rechtsextremismus, sagt Cakl, denn tschechische Radikale marschieren bei NPD-Aufmärschen in Sachsen mit und NPDler kommen in Scharen zu Neonazi-Konzerten nach Tschechien. Auf der Suche nach Initiativen gegen Rechts haben die Tschechen bis jetzt traditionell nach Deutschland geblickt, erinnert Cakl:

"Deutschland war immer ein Vorbild, wenn es um die Bekämpfung von Rechtsextremismus ging. Und wir haben hier viele dieser Maßnahmen kopiert. Deshalb überrascht es mich, dass die NPD es jetzt schafft, so viele junge Menschen für sich zu vereinnahmen. Unter denen muss eine große Frustration herrschen. Ich verstehe das einfach nicht, mir kommt das sehr sonderbar vor."

Ondrej Cakl  (www.jedensvet.cz)
Erklärungsansätze für den Rechtsruck vor allem im Osten Deutschlands wurden auf der Konferenz viele geliefert. Entscheidend war aber letztlich die Frage, wie man mit diesem Rechtsruck umgehen sollte. Was können beispielsweise die Medien tun? Bernd Stracke von der Bürgerinitiative "Augen auf - Initiative gegen rechts" in Löbau/Zittau hat die Erfahrung gemacht, dass Journalisten den Bürgerinitiativen vor Ort häufig die Arbeit erschweren:

"Das sind Journalisten, die fliegen ein, wenn ein Vorfall war und berichten dann oft viel zu schlecht recherchiert und viel zu kurz über diesen Vorfall. Dann fährt der Journalist wieder zurück, wir aer sind weiter da und müssen mit diesem Problem umgehen."

Die Journalisten, so Stracke, sollten nicht nur auf reißerische Negativschlagzeilen aus sein:

"Nicht nur die Nazis zeigen, sondern auch die anderen, die etwas gegen sie unternehmen, die an die Schulen gehen, dort arbeiten, außerschulische Bildungsarbeit leisten. Das muss auch gezeigt werden, es sollte das Gesamtbild gezeichnet werden. Und die Verantwortung, die liegt nicht nur beim Bürgermeister, die liegt auch beim Journalisten."

Um Journalisten in Tschechien und Deutschland zur verantwortungsvollen Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermutigen, haben die Veranstalter der Konferenz einen Journalistenpreis ausgelobt. Die ersten Preisträger wurden am Wochenende ausgezeichnet; für das nächste Jahr soll es eine neue Ausschreibung geben.

www.journalistenkongress.de