Herrscher, Ritter und Landespatron: Ausstellung über St. Wenzel
In der tschechischen Hauptstadt wurden ihm mehrere Kirchen geweiht. Nach ihm wurde ebenso der größte Platz im Prager Stadtzentrum benannt. Die Rede ist vom heiligen Wenzel, tschechisch „svatý Václav“, der gerade dieser Tage erneut thematisiert wird. Und zwar im Rahmen einer großen Ausstellung, die von der Prager Nationalgalerie vorbereitet wurde. Sie findet im Agneskloster statt.
„Diese Ausstellung zeigt die Spuren, die der St. Wenzel-Kult in der Kulturgeschichte unseres Volkes hinterlassen hat. Die Ausstellung erinnert in geballter Kürze an die reichhaltige Kultur und an die christlichen Wurzeln, mit denen wir in Europa verankert sind. Ich wünsche der Ausstellung, dass sie den Besuchern Freude in unserer manchmal recht hektischen Zeit bringt.“
Die Ausstellung mit dem Titel „Der heilige Wenzel, der Schutzherr der böhmischen Länder“ wurde vom Prager Erzbistum und der Nationalgalerie vorbereitet. Unter den 70 Exponaten sind mehrere Kunstwerke und historische Gegenstände, die Jahre lang nicht gezeigt wurden. Einer der Kuratoren der Ausstellung, Vladimír Kelnar, macht auf die ältesten erhalten gebliebenen Gegenstände aus der Zeit des heiligen Wenzel aufmerksam:„Dazu gehört die Rüstung des heiligen Wenzel, zu sehen sind der Helm und sein Schwert. Das Schwert spielte eine wichtige Rolle bei den Krönungszeremonien der böhmischen Herrscher. Wie bei jüngsten Forschungen nachgewiesen wurde, stammt es tatsächlich aus dem 10. Jahrhundert. Neben dem Schwert sollte auch das Kettenhemd von Fürst Wenzel ausgestellt werden. Wir haben jedoch überlegt, dass es in der Ausstellung über die Geschichte der Prager Burg im alten königlichen Palast ständig zu sehen ist. Bei der Wenzel-Ausstellung konzentrierten wir uns aber mehr auf Gegenstände, die sonst kaum ausgestellt werden, egal ob aus Sicherheitsbedenken oder aus anderen Gründen.“
Zu den ältesten Exponaten, die an den heiligen Wenzel erinnern, gehört auch ein Schuh, den Wenzel angeblich getragen hat.„Es kann sein, dass der Schuh späterer Herkunft ist. Er gehört allerdings zu den ältesten Schuhen, die in Europa erhalten geblieben sind. Es handelt sich um einen ledernen Schuh, der mit Stickereien und geometrischen Mustern verziert ist. Der Schuh wurde im Ausland restauriert. Wir nehmen an, dass er aus dem 11. Jahrhundert stammen könnte.“
Nach 60 Jahren wird wieder das so genannte „Palladium der Böhmischen Länder“ gezeigt. Das Marienbild wird auch mit einem kleinen Altar ausgestellt, der speziell für dieses Bild in Wien gebaut wurde. In den Legenden aus der Barockzeit wird behauptet, dass die heilige Ludmila – die Großmutter des heiligen Wenzel – das Marienbild auf Empfehlung der heiligen Kyrill und Method herstellt wurde. Fürst Wenzel soll das Bild bis zu seiner Ermordung im Jahre 929 immer bei sich getragen haben. Der treue Diener des Fürsten, der Podiven hieß, hat das wertvolle Relief später vergraben, heißt es in den Legenden. Vladimír Kelnar:
„Das Bild wurde später, wahrscheinlich noch bevor Karl IV. herrschte, in Stará Boleslav / Altbunzlau gefunden. Am Ort des Fundes steht heute die große Marienkirche. Mit dem Bild sind mehrere historische Ereignisse verknüpft. 1609 wurde es zum Schutzbild, also zum Palladium der Böhmischen Länder ernannt. Es ist ein sehr wertvolles Werk, da es zum einen die Kontinuität des tschechischen Staates symbolisiert und es zum anderen eine der ältesten Darstellungen von Jungfrau Maria mit dem Jesuskind in Tschechien ist.“Den treuen Diener Podiven, der das Palladium gerettet haben soll, kann man in der Ausstellung auf einem Gemälde von Barockmaler Jan Václav Spitzer sehen. Spitzer malte Fürst Wenzel, wie er durch den Schnee schreitet:
“Dem Fürsten folgt sein Diener Podiven, der manchmal auch als seliger Podiven bezeichnet wird. Er soll Wenzel überall begleitet haben. Die Legende erzählt, dass Podiven sehr gefroren hat. Der Fürst forderte ihn deshalb auf, in seine Fußtapfen zu treten. Auf den Stellen, die Wenzel betreten hatte, war der Schnee aufgetaut, und so konnte Podiven, ohne zu frieren, weiter gehen.“
Die Gemälde und Plastiken stellen den heiligen Wenzel in drei Rollen vor: als einen ewigen Herrscher und Landespatron, als einen Ritter, der mit der Waffe in der Hand bereit ist, sein Volk zu verteidigen, und schließlich als einen heiligen, guten Menschen, der ein Beispiel der Frömmigkeit, Liebe und der Hilfe für die Leidenden ist. Zu den ausdrucksstärksten Gemälden gehört das kleine, ursprünglich gotische Bild des heiligen Wenzel:
„Es handelt sich um das so genannte ´treue Bild´ des heiligen Wenzel (´vera effigies´). Ausgestellt ist zwar nur eine Kopie des gotischen Bildes, aber eine Kopie, die spätestens am Anfang des 17. Jahrhunderts anhand einer gotischen Vorlage entstanden ist. Das gotische Bild befand sich in der St. Wenzelkirche auf der Kleinseite, die dort anstelle der heutigen Nikolauskirche stand. Ursprünglich war es nur eine Rotunde, die dem heiligen Wenzel geweiht war, und deren Reste vor einigen Jahren gefunden wurden. Noch früher stand an diesem Ort angeblich ein Gefängnis. Als der Leichnam des ermordeten Fürsten Wenzel aus Stará Boleslav auf die Prager Burg getragen wurde und der Trauerzug die Kleinseite passierte, wurden die Häftlinge zu Ehren des toten Herrschers angeblich freigelassen. Ob es stimmt oder nicht, spielt keine Rolle. Anstelle der Rotunde wurde später eine gotische Wenzel-Kirche erbaut, von der jedoch nichts erhalten geblieben ist. Anstelle des gotischen Sakralbaus wurde die heutige St. Nikolauskirche erbaut.“Neben mehreren Kunstwerken zur St. Wenzel-Thematik und Reliquienschreinen kann man in der Ausstellung auch verschiedene praktische Gegenstände besichtigen, die irgendwie mit dem St. Wenzel-Kult zusammenhängen, beispielsweise Siegel oder Stickereien. Die Ausstellung im Agneskloster wird durch ein Begleitprogramm ergänzt, zu dem neben Vorträgen und Filmvorstellungen auch Führungen durch die Prager Kirchen gehören, die dem Landespatron geweiht sind. Die Ausstellung dauert bis zum 8. März und wird an diesem Tag mit einer Vesper im Prager Veitsdom feierlich abgeschlossen.