Hochwasser in Tschechien: In Prag unter Kontrolle, Nordböhmen zittert

Prag (Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Es ist wieder da: das Wasser. Elf Jahre nach der verheerenden Flut 2002 stehen in der Tschechischen Republik wieder ganze Landstriche unter Wasser. Und die Moldau droht erneut, die Hauptstadt zu überfluten. Bereits fünf Menschenleben hat das Hochwasser gefordert, vier weitere Personen werden vermisst.

Ústí nad Labem  (Foto: ČTK)
Die Pegel der Flüsse begannen am Samstag bedrohlich anzusteigen. In West- und Nordböhmen traten viele kleine Bäche und Flüsse über die Ufer. In der nordböhmischen Industriemetropole Ústí nad Labem / Aussig an der Elbe steht das Schlimmste aber erst bevor, der Scheitelpunkt der Flutwelle wird erst für Dienstag erwartet. Die Kommune plant, Teile der Stadt zu evakuieren. Jan Novotný ist stellvertretender Direktor der Stadtpolizei von Ústí:

„Es wird sicherlich alle Menschen betreffen, die unmittelbar am Ufer der Elbe leben. Die Stadtpolizisten besuchen alle Betroffenen, damit sie wissen, wo sie sich sammeln sollen und wohin sie evakuiert werden. Wir haben Busse bereitgestellt, die die Menschen in Sicherheit bringen werden.“

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Auch die Regierung reagierte umgehend. Am Sonntagabend fand eine Krisensitzung statt, bei der Premier Nečas den Notstand im böhmischen Landesteil ausrief und 200 Soldaten zum Hochwasserschutz nach Prag schickte. Nach der Sitzung trat er vor die Kameras und versicherte seinen Landsleuten:

„Die Regierung hat heute finanzielle Hilfen beschlossen, die sofort zur Verfügung stehen. Sie werden an jene Gemeinden und Städten ausgezahlt, die vom Hochwasser betroffen sind. Es handelt sich um 300 Millionen Kronen (12 Millionen Euro), die als Soforthilfe dienen. Sollten weitere Mittel nötig sein, ist die Regierung bereit, bis zu 3 Milliarden Kronen (120 Millionen Euro) aus dem Fonds für Verkehrsinfrastruktur für die Reparatur von Straßen und Eisenbahnstrecken frei zu machen.“

Botič in Prag  (Foto: ČTK)
Besonders kritisch ist die Situation an den Zusammenflüssen der Gewässer, aber auch an vielen kleineren Bächen. In der kleinen Gemeinde Zbraslav vor den Toren der Hauptstadt Prag mündet die Berounka in die Moldau. Dort hat sich unter einer Autobahnbrücke ein großer See gebildet. In Prag selbst macht der Botič Probleme. Normalerweise ein kleines, schmutziges Rinnsal, hat er sich innerhalb von zwei Tagen in einen reißenden Strom verwandelt, der den Park Folimanka im Nusle-Tal überflutet hat. Generell aber ist die Situation in Prag unter Kontrolle, wie der kommissarische Oberbürgermeister, Tomáš Hudeček, in einem Interview am Morgen versicherte:

Tomáš Hudeček  (Foto: ČTK)
„Im Gegensatz zur fürchterlichen Nacht, als eine große Hochwasserwelle ankam, ist die Situation nun relativ stabil. Wir haben die Hochwasserschutzmaßnahmen auf 3000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde eingerichtet. Wenn also gemäß den Vorhersagen die Pegel der Flüsse nur in relativ geringem Tempo weiter ansteigen, können wir die Hochwasserwelle meistern.“

Kritisch betroffen ist vor allem der Eisenbahnverkehr: In der mittelböhmischen Stadt Kolín wurden die Gleise des Bahnhofs überflutet. Damit hat das Wasser einen der Haupteisenbahnkorridore zwischen Mähren und Prag unterbrochen. Im Norden ist die Hauptverbindung nach Deutschland entlang der Elbe gefährdet, der Betrieb wurde durch umgestürzte Bäume bereits empfindlich beeinträchtigt.

Prager Zoo  (Foto: ČTK)
Auch der Prager Zoo ist wieder betroffen: Über 100 Mitarbeiter schufteten die Nacht durch, um eine ähnliche Katastrophe wie im Jahr 2002 zu verhindern. Damals war der komplette Zoo überflutet worden und über 130 Tiere kamen in den Fluten um. Diesmal konnte der untere Teil des Tierparks aber rechtzeitig evakuiert werden. Nun hoffen alle Mitarbeiter, dass das Wasser nicht weiter steigt – und den nach 2002 frisch renovierten Zoo wieder zerstört.

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