Holpriger Start der Impfkampagne für Senioren – Kritik wegen Bevorzugung

Foto: ČTK / Luděk Peřina

Ende vergangener Woche wurden die Impfungen gegen das Coronavirus in Tschechien ausgedehnt: Seit Freitagmorgen können sich Menschen ab 80 Jahre dafür registrieren lassen. Kurz nach dem Start vermeldeten sowohl das Onlinesystem als auch die Telefonhotline aber technische Probleme wegen Überlastung. Und auch der Fortgang der Impfkampagne zeigte, dass noch längst nicht alles rund läuft.

Milan Kubek  (Foto: ČT24)

Das zentrale System der Registration für die Corona-Impfung wurde mehrfach kritisiert. So sagte die Abgeordnete des Mährisch-Schlesischen Kreises und Leiterin des Zentrums für die Verbrennungschirurgie der Uniklinik Ostrava / Ostrau, Zdenka Němečková Crkvenjaš (Bürgerdemokraten) im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, dass das Onlinesystem für die Senioren zu kompliziert sei. Der Präsident der Tschechischen Ärztekammer, Milan Kubek, äußerte sich ähnlich:

„Die Adressen der älteren Bürger mitsamt ihren Geburtsnummern sind im zentralen Gesundheitsregister erfasst. Die Krankenkassen wissen sogar, an welchen Krankheiten diese Menschen leiden. Sie sollten die Senioren daher mit einem Brief direkt ansprechen. So wäre es auch nicht nötig, dass sich die Rentner selbst im Internet zur Impfung anmelden.“

Jan Blatný  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)

Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos) warb schließlich dafür, dass Verwandte und Bekannte den Senioren bei der Anmeldung helfen. Doch auch damit wurde das grundlegende Problem der Überlastung im Onlinesystem zunächst nicht behoben. Laut Angaben der offiziellen Applikation „Chytrá karanténa“ griffen auf das System während der ersten zwei Minuten nach dem Start 75.000 Besucher zu. In den ersten 20 Minuten aber hatten nur 500 von ihnen per SMS einen Termin bekommen.

Die technischen Schwierigkeiten im System wurden nun behoben, sagte der Regierungsbevollmächtigte für IT, Vladimír Dzurilla, am Montag. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erläuterte er das damit verknüpfte Prozedere:

Zentrales System der Registration für die Corona-Impfung in Tschechien  (Foto: ČTK / Kateřina Šulová)

„Wenn die Impfstellen eine gewisse Menge an Vakzinen erhalten, werden sie die Menschen auf der Grundlage bestimmter Kriterien ansprechen. Sehr wahrscheinlich wird das ausschlaggebende davon das Alter sein, so dass den ältesten Bürger im jeweiligen Einzugsgebiet zuerst Impftermine angeboten werden. Sie müssen sich dann einen Termin reservieren, diesen im System bestätigen und anschließend zur Impfung erscheinen.“

Damit sind insbesondere größere Impfzentren gemeint, die den Hauptanteil der Impfkampagne in Tschechien umsetzen sollen. Doch diese Zentren stecken noch in den Kinderschuhen, kritisiert Ärztekammerpräsident Kubek:

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„Die Impfung soll natürlich in erster Linie nur in einem Impfzentrum durchgeführt werden, das durch einige mobile Teams ergänzt wird. Doch wenn es nicht die Krankenhäuser gäbe, dann wäre die Impfung hier in Tschechien noch gar nicht angelaufen. Denn ansonsten war bisher noch überhaupt nichts vorbereitet.“

Dass die Impfungen für die Senioren nach den erwähnten Startschwierigkeiten in den Kliniken stattfinden, bestätigte am Montagmorgen ein führender Mediziner in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Jan Kvaček ist der Direktor des Prager Krankenhauses Na Bulovce:

Jan Kvaček  (Foto: ČT24)

„Unsere Impfstelle befindet sich in der Ambulanz. In einer Abteilung ist sie täglich für acht Stunden, in einer weiteren für zwölf Stunden geöffnet. Alles funktioniert perfekt, es gibt keine Warteschlangen.“

Wie Ärztekammerpräsident Milan Kubek ergänzte, wird es aber ohne die großen Impfzentren in den Regionen nicht möglich sein, die Bevölkerung bis Herbst dieses Jahres zu impfen. Dazu sei es nötig, spätestens ab März jeden Tag um die 70.000 Menschen zu versorgen, sagte Kubek am Sonntag im privaten Fernsehsender CNN Prima News.

Autoren: Lothar Martin , Janetta Němcová , Anna Horáčková
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