Kaum noch Interesse an Corona-Impfungen in Tschechien
Die Corona-Zahlen gehen in Tschechien seit mehreren Wochen langsam zurück. Einschränkungen gibt es so gut wie keine mehr, und auch die Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln soll nach Ostern fallen. Mit dieser Entwicklung einher geht ein deutlicher Rückgang der Impfzahlen im Lande. Dagegen will das Gesundheitsministerium nun vorgehen.
Manche Ärzte in Tschechien bestellen schon gar keine Corona-Impfstoffe mehr. Vielmehr müssen sie abgelaufene Vakzine sicher entsorgen. Auch der Kühlschrank der Allgemeinärztin Zuzana Šímová in Stříbro / Mies, westlich von Plzeň / Pilsen, ist derzeit leer.
"Normalerweise bestellen wir die Vakzine immer für eine. Das sind dann fünf Fläschchen mit jeweils sechs Dosen",
erläutert die Praxishelferin Michaela Valentová. Die bisher letzte Dosis hat ihre Chefin aber am 22. Februar verabreicht. Seitdem habe es keine Anfragen mehr gegeben, so die Schwester:
„Es meldet sich etwa alle 14 Tage ein Interessent. Den können wir dann aber nicht impfen. Denn wenn ein Fläschchen geöffnet wird, brauchen wir sechs Patienten. Aber die lassen sich nicht finden.“
Laut den Statistiken des Kreises Plzeň / Pilsen wurden noch Anfang März etwa 200 Menschen täglich geimpft. Aktuell liegt die Zahl ungefähr bei 100. Dementsprechend hoch liegt der Umfang an vernichteten Vakzinen. Im gesamten vergangenen Jahr wurden im Kreis etwas mehr als 7800 abgelaufene Dosen aussortiert. In den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es schon über 8300. Eva Merklová ist die Sprecherin der Kreisverwaltung:
„Am häufigsten werden die Stoffe entsorgt, weil die Patienten ihre Impftermine nicht einhalten oder das Verfallsdatum erreicht wurde. Ein weiterer Grund ist die Lagerung größerer Mengen Vakzine. Der Staat hat dafür keine Möglichkeiten, also teilen die Kreise dies untereinander auf.“
Der Corona-Schutz wird in Tschechien weiterhin von der Krankenkasse bezahlt. Die Durchimpfung stagniert aber seit etwa zwei Monaten und liegt bei knapp 65 Prozent der Gesamtbevölkerung. Am Donnerstag etwa wurden landesweit 3227 Dosen verabreicht, 2674 von ihnen dienten der Booster-Impfung. Auch an dem neuen Impfstoff Novavax bestehe kaum Interesse, sagt der Staatssekretär im Gesundheitsministerium Josef Pavlovic:
"Täglich gibt es etwa 1000 Anfragen. Das spiegelt die verbesserte epidemiologische Lage wider. Wir erwarten aber, dass sich das Interesse im Herbst wieder erhöht."
Diesen Herbst-Effekt, der den Grippewellen ähnlich sein könnte, will die tschechische Regierung aber nicht erst abwarten. Deswegen bereitet das Gesundheitsministerium schon jetzt eine weitere Informationskampagne zum Impfen vor. Ressortleiter Vlastimil Válek (Top 09) berichtete vergangene Woche im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses, dass eine öffentliche Ausschreibung läuft. Die Kampagne soll nach früheren Äußerungen des Ministers spätestens im Mai gestartet werden.
Váleks Vorgänger im Amt hatten nicht immer ein glückliches Händchen bei den Motivationskampagnen für die Corona-Impfung. Ende 2020 war ein erstes Plakat derart missverständlich gestaltet, dass der damalige Premier Andrej Babiš (Partei Ano) es als „katastrophal“ bezeichnete und seinen Gesundheitsminister Jan Blatný aufforderte, doch lieber Marketing-Profis hinzuzuziehen. Im November vergangenen Jahres ließ dann der damalige Minister Adam Vojtěch drastische Bilder von Covid-19-Patienten als Abschreckung veröffentlichen. Die darauf einsetzende Aufregung in den Medien schien aber nicht der Wahrnehmung in der Bevölkerung zu entsprechen: 57 Prozent der Teilnehmer einer entsprechenden Umfrage gaben damals nämlich an, die Plakate nicht einmal gesehen zu haben.
Wie die nächste Kampagne gestaltet wird, ist noch nicht bekannt. Schon jetzt würde Ärztin Šímová in Stříbro aber auch gern Einzelinteressenten die Impfung verabreichen, ohne dafür die übriggebliebenen Dosen vernichten zu müssen. Schwester Michaela wünscht sich deshalb eine Anpassung durch die Hersteller:
„Es würde uns helfen, wenn jede Impfdosis einzeln verpackt wäre. So ist es etwa bei den Zeckenimpfungen. Da gibt es dann kein Problem mit der Entsorgung.“