Holzschnitte und Handschriften: Kunst der böhmischen Reformation auf der Prager Burg

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Die Zeit der Reformation ist im allgemeinen Bewusstsein eher mit der Bilderstürmerei als mit einem Aufschwung der bildenden Kunst verbunden. Diese Meinung zu widerlegen, versuchen die Kuratoren einer Kunstausstellung, die vor kurzem auf der Prager Burg eröffnet wurde.

Unter dem Titel „Kunst der böhmischen Reformation“ kann man auf der Prager Burg mehr als 100 Plastiken, Altargemälde sowie illuminierte Handschriften bewundern. Sie sind alle in der Zeit von 1380 bis 1620 entstanden, also in einer Epoche, in der sich die Bewohner Böhmens zu verschiedenen Konfessionen bekannten. Im 15. Jahrhundert sei hierzulande die Utraquistische Kirche verbreitet gewesen, während die katholische Kirche eher in der Minderheit gewesen sei, sagt einer der Kuratoren der Ausstellung, Michal Šroněk.

„Seit Mitte des 15. Jahrhunderts gehörte ein Teil der Bevölkerung zudem zur Brüderunität und am Anfang des 16. Jahrhunderts setzten sich in einigen Regionen zwei Strömungen der europäischen Reformation durch: die Lutheraner und die Kalvinisten. Gerade diese protestantischen Konfessionen haben sich mit dem Problem des Bildes in der Religion auseinandergesetzt; einige waren radikaler, andere gemäßigter im Umgang mit der sakralen Kunst.“

Die Kuratoren waren bemüht, einzigartige Exponate zu zeigen, die im nicht katholischen Milieu entstanden sind. Es gibt hier Holzschnitte aus der Prager Teynkirche sowie Tafelgemälde aus Kutná Hora / Kuttenberg. Aus Hradec Králové / Königgrätz stammen wiederum einige wertvolle Handschriften.

Und zum ersten Mal wird in Prag der so genannte Kodex von Göttingen ausgestellt. Neben dieser illuminierten theologischen Schrift kann man auch ein Faksimile des noch bekannteren Jenaer Kodexes besichtigen. Auch die so genannte Landkarte von Mikuláš Klaudián aus dem Jahr 1518 könne die Öffentlichkeit zum ersten Mal bewundern, sagt Kuratorin Kateřina Horníčková:

Verbrennung des tschechischen Reformators Jan Hus
„Es handelt sich um die überhaupt erste geografische Darstellung Böhmens. Die kolorierte Graphik stellt eine Allegorie der religiösen Situation im damaligen Böhmen dar. Im Mittelpunkt des Bildes sieht man einen Wagen, der von beiden Seiten von Pferden gezogen wird. Dies soll religiöse Zerreißprobe des Landes symbolisieren – auf einer Seite die Katholiken, auf der anderen die Utraquisten. Auf der Landkarte, die unter diesem Wagen platziert ist, sieht man bei den einzelnen Städten entweder einen kleinen Kelch oder die Schlüssel des heiligen Petrus: So kann man erfahren, welche Regionen sich zum Katholizismus und welche zum Utraquismus bekannten. Es ist also mehr als eine übliche Landkarte.“

Als Zeit der böhmischen Reformation gelten die Jahrhunderte von 1380 bis 1620. Die Ausstellung dieser Kunst ist im ehemaligen Kaiserlichen Pferdestall auf der Prager Burg bis zum 4. April dieses Jahres zu sehen.