„Ich wünsche mir, dass die Roma zu ihrer Kultur zurückkehren“: Roma-Aktivist Čeněk Růžička gestorben

Čeněk Růžička

Im Alter von 76 Jahren ist am Freitag der Roma-Aktivist Čeněk Růžička gestorben.

Čeněk Růžička | Foto: Alexis Rosenzweig,  Radio Prague International

Čeněk Růžička war Mitbegründer des Ausschusses für die Entschädigung der Opfer des Roma-Holocaust. Er setzte sich jahrelang für die Beseitigung der Schweinemast in Lety bei Písek ein. Denn diese stand seit den 1970er Jahren an jenem Ort,  wo sich während der NS-Zeit ein KZ für die Roma befand. 2018 kaufte der Staat den Betrieb auf. Im Sommer dieses Jahres begannen schließlich die Abrissarbeiten. Růžička erklärte bei dieser Gelegenheit in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Für uns ist es ein ganz besonderer Moment, wenn jetzt endlich mit dem Abriss der Schweinemast begonnen wird. Darum habe ich mich 22 Jahre lang bemüht. Das hat eine starke Symbolik.“

In einigen Jahren wird eine Gedenkstätte in Lety stehen. Noch vor einigen Tagen sprach Růžička mit der Leiterin des Roma-Museums in Brünn, Jana Horváthová, darüber, wie die Gedenkstätte aussehen wird. Für ihn sei das Vorhaben eine Herzensangelegenheit gewesen, sagt die Museumsleiterin.

„Er hatte viel Energie, viel Enthusiasmus. Er war wirklich ein Kämpfer. Es ist sein Verdienst, dass die Schweinemast schon fast abgerissen worden ist und dass nun mit dem Bau der Gedenkstätte angefangen werden kann.“

Čeněk Růžička | Foto: Jana Šustová,  Tschechischer Rundfunk

Růžička setzte sich Horváthová zufolge für die Beseitigung der Ställe ein, weil die Angelegenheit eine Frage seiner Identität war und auch seine Familie betraf.

Im Gespräch für das Zeitzeugenprojekt „Paměť národa“ sagte der Roma-Aktivist, es tue ihm leid, dass die Roma-Kultur fast verschwinde.

„Ich verstehe, dass der Druck der Gesellschaft auf unsere Kultur groß ist. Aber unsere Kultur ist doch so herrlich. Die Gesellschaft ist so, wie sie ist. Aber ich möchte die Roma auffordern, sie sollen zu ihrer Kultur zurückkommen, sie sollen nach den Attributen der Roma-Kultur suchen. Denn nicht alle Roma kennen sie.“

Čeněk Růžička | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Čeněk Růžička wurde 1946 in Liberec geboren. Er stammte aus einer alten Roma-Familie, die sich vor Jahrhunderten in den Böhmischen Ländern niederließ. Seine Eltern wurden in den Jahren 1942–1943 ins KZ in Lety deportiert. Seine Mutter wurde von dort aus nach Auschwitz verschleppt, sein Vater ins KZ Mittelbau-Dora. Anders als ihre Verwandten überlebten sie den Holocaust. Der deutsche Publizist Markus Pape machte Růžička 1997 mit den Informationen über den Roma-Holocaust und das KZ in Lety bekannt. Ein Jahr später gründete Růžička den Ausschuss für die Entschädigung der Roma-Opfer des Holocaust. Er hielt Vorträge und organisierte Ausstellungen, um die Öffentlichkeit mit den Tatsachen über Lety zu konfrontieren. Rund 3000 Schüler nahmen insgesamt an seinen Vorlesungen teil. 2017 wurde Růžička von US-Botschafter Stephen King mit dem Alice-Garrigue-Masaryková-Preis für seinen langjährigen Kampf für die Gedenkstätte in Lety ausgezeichnet.

Autoren: Martina Schneibergová , Lucie Pávová
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