Iglauer Gespräche zum 12. Mal

Jihlava

Am vergangenen Wochenende hat bereits zum 12. Mal das tschechisch-deutsche Symposium in Jihlava/Iglau stattgefunden, zu dem sich eine ganze Reihe von Politikern, Intellektuellen und Vertretern der veranstaltenden Institutionen - der Ackermann-Gemeinde, der Bernard Bolzano Stiftung und des Prager Instituts für zeitgenössische Geschichte eingefunden haben. Ihr Meinungsaustausch stand diesmal unter dem Motto "Tschechen und Deutsche - Mitverantwortung für die Mitte Europas". Jitka Mladkova hat sich auf der Konferenz für Radio Prag umgehört und berichtet:

Jihlava
Trotz des offensichtlich zukunftsorientierten Leitmottos waren die Blicke der Teilnehmer in einem beträchtlichen Teil des Konferenzprogramms auf die Vergangenheit gerichtet. Es wurde u.a. eine Rückschau auf den europäischen Kontext des Kernjahres 1945 für die nachfolgende Entwicklung des tschechisch-deutschen bzw. tschechisch - sudetendeutschen Verhältnisses vorgenommen. Auf der Suche nach einem Geschichtsbild, auf das sich beide Seiten einigen und dabei die bestehenden Differenzen ihrer Sichtweisen akzeptieren könnten, gibt es, wie die Debatte in Iglau offenbarte, immer noch zahlreiche Stolpersteine - dreizehn Jahre nach der politischen Wende, seit der die Debatte über delikate, ja heikle Themen möglich ist, sechs Jahre nach dem Zustandekommen der tschechisch - deutschen Aussöhnungsdeklaration .Immerhin, auch die Iglauer Gespräche reflektieren mittlerweile eher eine Entwicklung im positiven Sinne. So sieht es zumindest Senatspräsident Petr Pithart, der nicht zum ersten Mal nach Iglau kam:

"Wir hatten hier auch Krisensituationen, in denen es aussah, als ob nach einem nächtlichen Streit die Hälfte der Konferenzteilnehmer am nächsten Morgen nicht mehr auftauchen würde. Am Ende überwog aber doch die Entschlossenheit zu bleiben über die Skepsis bzw. Enttäuschung darüber, was hier gesagt wurde."

Daran habe sich vor etwa zwei Jahren manches verändert, meint Pithart. Man habe begonnen, über die Vergangenheit und die daraus herrührenden Probleme in einem breiteren mitteleuropäischen oder gar europäischen Kontext nachzudenken. Dies sei der einzig mögliche Weg, um alles realistisch zu sehen, so Pithart. In Iglau war auch der deutsche Botschafter in Prag, Michael Libal. Auf die Frage von Radio Prag, warum immer noch - trotz der tschechisch-deutschen Deklaration von 1997 - Bedarf besteht, über die tschechisch-deutschen Beziehungen zu diskutieren, sagte er Folgendes:

" Die historisch-moralische Diskussion ist noch nicht zu einem Abschluss gekommen. Sie muss heute weniger oder eigentlich überhaupt nicht zwischen den Regierungen geführt werden. Die tschechische Öffentlichkeit sollte sich mit den Ereignissen von 1945 auseinandersetzen, die Sudetendeutschen haben meiner Meinung nach noch eine Aufgabe vor sich - und zwar sich etwas intensiver mit der Rolle der Sudetendeutschen zwischen 1933 und 1945 zu beschäftigen. Solche Tagungen müssen Anstöße nach beiden Seiten geben."

Anstöße gab es in Jihlava/Iglau eine ganze Menge. Mehr über diese Konferenz erfahren Sie am Donnerstag in der Sendereihe Begegnungen.