Illegal geschlagenes Tropenholz in Tschechien – Ministerium verschleppt Untersuchungen
Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace haben in Tschechien mutmaßlich illegal gefälltes Tropenholz entdeckt. Dieses wurde Ende Juni vom belgischen Antwerpen aus nach Tschechien geliefert. Den Fall untersuchen müsste eigentlich das tschechische Landwirtschaftsministerium, das Ressort ist dafür zuständig. Obwohl seit dem Fund sechs Wochen verstrichen sind, hat das Ministerium in der Sache bisher kaum etwas unternommen.
Ende Juni hat Greenpeace in einer Furnierfabrik in Horní Počaply, etwa 50 Kilometer nördlich von Prag, eine Ladung mutmaßlich illegal gefällter Baumstämme aus dem Kongobecken entdeckt. Betreiber der Fabrik ist Danzer Bohemia, das Unternehmen ist ein Ableger der Danzer-Gruppe. Diese hat ihren Hauptsitz in der Schweiz und gehört weltweit zu den größten Anbietern von Echtholz-Furnieren. Auf Anfrage von Radio Prag ließ Radim Vráblík, Geschäftsführer von Danzer Bohemia, diese Woche ausrichten, dass er „kein Interesse habe, sich zu diesem Fall zu äußern“. Der Afrika-Verantwortliche der Danzer-Gruppe, Olof von Gagern, war hingegen zu einer Stellungnahme bereit:
„Die Behauptungen von Greenpeace sind irreführend. Wir waren zu keinem Zeitpunkt Besitzer des betroffenen Holzes. Die Stämme wurden von einer anderen Firma zur Verarbeitung nach Tschechien geliefert. Den Namen dieser Firma kann ich Ihnen aus Datenschutzgründen nicht nennen. Wenn wir selbst Holz ankaufen, unterziehen wir dieses rigorosen Kontrollen. Wenn Danzer jedoch wie in diesem Fall ausschließlich eine Dienstleistung erbringt, liegt diese Verantwortung beim Eigentümer des Holzes. Da die Behörden in Antwerpen aber keine Verfehlungen beanstandet haben, habe ich keinen Grund davon auszugehen, dass es sich bei dieser Lieferung um illegal geschlagenes Holz handelt.“ Die für diesen Fall relevante Rechtsgrundlage ist die Holzhandelsverordnung der EU. Gemäß der Verordnung ist es verboten, Holz und Holzerzeugnisse aus illegalem Einschlag auf den europäischen Markt zu bringen. Sollte sich die Rolle von Danzer, wie von Gagern sagt, auf die Verarbeitung des Holzes beschränken, hat sich die Firma keine Schuld zukommen lassen. Umso wichtiger wäre es aber herauszufinden, wer der Eigentümer des Holzes ist.Die Reise der Baumstämme begann in der Demokratischen Republik Kongo. Sie gehören zur Sorte „Wenge“, einer der teuersten und am stärksten gefährdeten Arten weltweit. Laut Greenpeace hat eine libanesische Firma die Bäume geschlagen und dafür eine gefälschte Lizenz verwendet. Ende April gelangte die illegale Ladung in den Hafen der belgischen Stadt Antwerpen. Dort wurde sie gelagert, bis ein Käufer gefunden wurde. Um welche Firma es sich bei diesem Käufer handelt, eben das will Danzer nicht öffentlich bekannt geben. In Tschechien ist das Landwirtschaftsministerium für die Umsetzung der europäischen Holzhandelsverordnung zuständig. Auch dem Ressort war der Name des Unternehmens zum Zeitpunkt unseres Gesprächs nicht bekannt, wie dessen Sprecherin Dana Večeřová sagt:
„Das Ministerium für Landwirtschaft hat sich an den tschechischen Ableger von Danzer gewandt, um herauszufinden, wer der Besitzer des Holzes ist und aus welchem Land er stammt. Gemäß der aktuellen Rechtslage ist das Unternehmen jedoch nicht verpflichtet, dem Ministerium diese Informationen mitzuteilen. Danzer hat sich allerdings bereit erklärt, mit uns zusammenzuarbeiten. Sobald wir mehr erfahren haben, entscheiden wir, wie es weitergeht.“Jan Freidinger ist Kampagnenmanager bei Greenpeace Tschechien. Er hat den Fall von Anfang an mitverfolgt. Mit der Antwort der Sprecherin gibt er sich nicht zufrieden: Nicht nur habe es mehrere Wochen gedauert, bis das Ministerium überhaupt etwas unternommen habe – die Behauptung, dass den Behörden die Hände gebunden seien, klinge sehr stark nach einer Ausrede. Das Ministerium habe sämtliche Befugnisse, um der Sache auf den Grund zu gehen, so Freidinger.
„Die Verordnung wurde bereits im Jahr 2010 verabschiedet und ist im März dieses Jahres in Kraft getreten. Die Tschechische Republik ist eines der einzigen Länder, denen es nicht gelungen ist, sie rechtzeitig zu implementieren. Da es sich jedoch um eine Verordnung und nicht um eine Richtlinie handelt, sind die neuen Vorschriften seit März in der gesamten Europäischen Union automatisch gültig.“Zum Zeitpunkt des Fundes hat also noch kein nationales Gesetz existiert, das zum Beispiel das Strafmaß für solche Fälle festlegt. Laut Freidinger sei das Ministerium dennoch dazu verpflichtet gewesen, das Holz zu beschlagnahmen und der Sache nachzugehen.
„Um die EU-Verordnung umsetzen zu können, ist entscheidend, welchem Unternehmen das Holz gehört und aus welchem Land diese Firma stammt. Wir haben das Landwirtschaftsministerium deshalb wiederholt dazu aufgefordert, Danzer mit dieser Frage zu konfrontieren. Dank der Verordnung der EU sollte es für das Ministerium überhaupt kein Problem sein, diese Angaben in Erfahrung zu bringen und sie an die zuständigen Behörden des entsprechenden Staates weiterzuleiten.“
Dass es Danzer ein großes Anliegen ist, sich von dem Vorfall zu distanzieren, ist wenig verwunderlich – hatte der Konzern doch erst vor Kurzem mit negativen Schlagzeilen zu kämpfen. 2011 kam es in einem kongolesischen Dorf, in dem eine Tochterfirma von Danzer Tropenholz abbaute, zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Um die Bevölkerung für die Nutzung ihrer Wälder zu entschädigen, versprach das Unternehmen den Bau einer Schule und eines medizinischen Zentrums. Das Versprechen wurde nicht eingelöst, was zu Protesten führte. Beim Einschreiten der Sicherheitskräfte kam ein Dorfbewohner ums Leben, mehrere Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt. Dazu ein Auszug aus der Pressemitteilung von Danzer:„Im Rahmen der Ermittlungen wurden keine Verfehlungen von Seiten unserer Tochterfirma festgestellt. Diese Ereignisse sind äußerst bedauerlich, doch sie lagen außerhalb unseres Einflussbereichs.“Der Forest Stewardship Council (FSC) sieht dies anders. Die globale Non-Profit-Organisation zertifiziert Unternehmen, die sich bei der Bewirtschaftung von Wäldern an Prinzipien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit halten. Im Mai dieses Jahres hat dessen Vorstand beschlossen, Danzer das FSC-Gütesiegel zu entziehen und sich vollständig von der Firma zu trennen. Dies ist die schwerste Sanktion, die der FSC verhängen kann. Doch selbst wenn Danzer im aktuellen Fall gegen keine Gesetze verstoßen hat: So lange nicht klar ist, wem das Holz gehört, ist es unmöglich, die wirklichen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Am Freitag vergangener Woche hat die tschechische Regierung nun auch das nationale Gesetz gegen den Handel mit illegal eingeschlagenem Holz unterzeichnet. Dieses ist ab 1. September gültig. Raum für Ausreden bleibt dann nicht mehr. Jan Freidinger:„Dies ist der erste Fall in Tschechien, bei der die Verordnung der EU zum Tragen kommt. Deshalb messen wir der Sache auch eine so große Bedeutung bei: Es handelt sich um einen Präzedenzfall, der den weiteren Umgang mit diesen Bestimmungen maßgeblich beeinflussen wird. Sollte es nicht gelingen, den Fall erfolgreich zum Abschluss zu bringen, kann es sein, dass diese Versäumnisse zur gängigen Praxis werden. Natürlich ist es wichtig, die Schuldigen zu bestrafen. Doch viel entscheidender ist es, das System so weit zu verbessern, dass die Verordnung ihre Funktion erfüllt.“
Dass Freidingers Einwand berechtigt ist, zeigt ein weiterer Fall, der sich vor wenigen Monaten im Hafen von Antwerpen zugetragen hat: Eine Tropenholzladung im Wert von mehr als 60.000 Euro wurde mehrere Wochen lang vom Zoll blockiert. Dann wurde die Sperre aufgehoben und das Holz in den Verkauf gebracht, obwohl kein Beleg dafür existierte, dass es aus legaler Quelle stammt.In Tschechien ließe sich ein ähnliches Szenario durch das Einschreiten des Ministeriums noch verhindern. Danzers Afrika-Verantwortlicher Olof von Gagern hat Radio Prag versichert, dass sich das Holz noch in Horní Počaply befinde und auch noch nicht verarbeitet sei. Greenpeace ist es zudem gelungen, einen weiteren Teil der Lieferung aufzuspüren. Wohin das Holz aus Antwerpen gelangt und wer dafür verantwortlich ist, will die Umweltorganisation an diesem Freitag bekanntgegeben.
Doch die Uhr tickt – sowohl in Tschechien, als auch im tropischen Regenwald. In den zehn Minuten, die dieser Beitrag gedauert hat, wurde irgendwo auf der Welt ein weiteres Stück Urwald abgeholzt – und zwar eine Fläche, die rund fünfmal so groß ist wie die Altstadt von Prag.