Illustratorin, Schriftstellerin und Filmemacherin Ludmila Zeman
Sie ist Illustratorin, Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Filmemacherin: Ludmila Zeman. Zudem ist sie Tochter des international anerkannten tschechischen Filmregisseurs Karel Zeman. Seit 1984 lebt die Künstlerin mit ihrer Familie in Kanada. Im Herbst letzten Jahres besuchte sie Prag, um an der Eröffnung eines Museums über das Werk ihres Vaters teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit beantwortete sie auch Fragen für die Sendungen von Radio Prag.
„Die Idee zu der Ausstellung habe ich glänzend gefunden. Ich bin mit meinen Büchern viel unterwegs und reise durch die ganze Welt. Mein Vater ist fast überall bekannt. Oft wurde ich gefragt, warum er in Tschechien kein Museum hat. Als ich von der Entstehung der Dauerausstellung über meinen Vater hörte, dachte ich, dass das ein hervorragendes Geschenk für Kinder sei. Mein dreijähriger Enkelsohn, der jetzt das Museum mit mir besucht hat, hätte den ganzen Tag hier verbringen können. Die Filmtechnik hier hat ihn richtig fasziniert. Für Kinder ist die Dauerausstellung belehrend und inspirierend zugleich. Sie können hier Fotos machen oder sogar selbst einen Film drehen. Ich denke, dass die Technik, die mein Vater einst angewandt hat, heute aktueller ist als vor etwa 30 Jahren, als die Menschen noch etwas völlig anderes bewundert haben.“
Karel Zeman gilt als Begründer des tschechischen Trickfilms. Seine Technik war innovativ: Er verband Szenen, die von Schauspielern gespielt wurden, und animierte Sequenzen. Seinen ersten Film drehte er bereits 1945, der bekannteste aber stammt von 1961: Baron Münchhausen. Tochter Ludmila kam selbstverständlich sehr früh schon mit den Kinderfilmen ihres Vaters in Kontakt. Später arbeitete sie selbst lange Jahre in seinem Filmstudio in Zlín.„Es war ein Paradies, um ehrlich zu sein. Ich bin 1947 geboren, damals gab es bei uns noch kein Fernsehen. Wir wohnten aber nur fünf Minuten vom Filmstudio entfernt. Ich war drei Jahre alt, als ich begonnen habe das Filmstudio zu besuchen. Eine Mitarbeiterin meines Vaters hat mich immer zu den Filmvorführungen für die Angestellten mitgenommen. So habe ich beispielsweise Schneewittchen und viele andere Filme gesehen, die die anderen Kinder damals nicht kannten, weil es kein Fernsehen gab.“
Das bedeutete jedoch nicht, dass Ludmila Zeman auch richtige Rollen in den Filmen ihres Vaters übernahm:„Mein Vater wollte nie, dass ich Schauspielerin werde. Er hat mir immer gesagt, dass Schauspielerinnen ein schweres Leben hätten und ich dann keine Familie haben könnte. Aber er hat mich für die Proben gebraucht. Es war wichtig, dass die Kostüme zu den Filmdekorationen passen. Bei den Proben bin ich dann auch manchmal als Schauspielerin eingesprungen. Einmal, bei den Dreharbeiten für Baron Münchhausen musste mein Vater noch ein paar Aufnahmen machen. Es war sieben Uhr abends. Ich bekam ein Kostüm und mir wurde gesagt, wie ich mich bewegen soll. Oder ich wurde hinter die damals schon bekannte Schauspielerin Jana Brejchová auf ein Pferd gesetzt. Das waren meine Rollen, eine selbständige Filmrolle habe ich aber nie gehabt.“
1984 floh Ludmila Zeman mit ihrer Familie nach Kanada. Zuvor aber war sie auch an einigen Filmen ihres Vaters beteiligt:„Ich habe mit ihm an einigen Trickfilmen zusammengearbeitet: Am Film ´Das gestohlene Luftschiff´ und an den ‚Märchen aus Tausend und einer Nacht’ habe ich mich beteiligt. Die Zusammenarbeit von Tochter und Vater war natürlich manchmal schwierig. Aber wir waren immer ähnlicher Meinung. Ich habe meinen Vater sehr gemocht. Er hatte ein offenes Herz, wie man sagt, aber war sehr streng. Gemeinsam haben wir noch 1980 das Märchen von Hans und Marie gedreht. Die Situation hierzulande spitzte sich aber zu, die Arbeit im Filmstudio wurde so schwierig, dass wir es nicht mehr ertragen konnten. Mein Mann und ich entschieden uns dann, nach Kanada zu gehen. Uns war angeboten worden, an einer Kunsthochschule in British Columbia zu unterrichten. Die tschechoslowakischen Behörden wollten uns aber nicht gehen lassen. Schließlich sind wir über Jugoslawien und Österreich ausgereist. Es war nicht einfach, denn in Kanada haben wir bei Null begonnen. Wir kamen mit zwei kleinen Kindern an und hatten so gut wie nichts. Ich habe an der Kunsthochschule erzählt, dass ich mit Karel Zeman zusammengearbeitet habe - jeder kannte ihn dort. Man wollte aber, dass ich zeige, was ich selbst kann. Den ersten Auftrag bekam ich vom Fernsehen – für die Kindersendung ´Sesamstraße´. Ich hatte damals keine Kamera, habe alles auf dem Boden aufgezeichnet. Ich bin aber mit meinem Vater aufgewachsen, er hatte seine Arbeit unter sehr schlechten Bedingungen in Frankreich begonnen. Deswegen war ich nicht überrascht, mit einer ähnlich schwierigen Situation anfangen zu müssen. Ich bin davon überzeugt, dass ich hierzulande nicht so viel geschafft hätte, wie unten den harten Bedingungen im Ausland.“
Der bekannteste Film von Ludmila Zeman ist „Lord of the Sky“, 1992 gedreht. Doch die Regisseurin schreibt und illustriert auch Bücher – und das mittlerweile mit Erfolg.„Mit den Büchern habe ich angefangen, nachdem ich mit meinem Mann den Film ´Lord of the Sky´ gedreht hatte. Es war damals notwendig, Geld für einen weiteren Film zu akquirieren. Ich wollte sehr gerne die Geschichte von Gilgamesch verfilmen und fing an, das Drehbuch zu schreiben. Es dauerte aber lange, das Geld zusammenzubekommen. Ich ging darum zu einem Verlag in Montreal und zeigte dort meine Arbeiten. Ich habe zuvor noch eine andere Geschichte geschrieben: ‚The First Red Maple Leaf’. Diese handelt davon, warum das Ahornblatt Kanadas Wahrzeichen ist. Der Verlagsbesitzerin haben diese Geschichte und die Illustrationen zu Gilgamesch sehr gefallen. Die Gilgamesch-Trilogie ist in vielen Ländern der Welt erschienen – unter anderem in den USA, Brasilien und in Mexiko.“
Für die Gilgamesch-Trilogie ist Ludmila Zeman in Kanada und anderen Ländern mit Preisen ausgezeichnet worden. Sie hat mehrere weitere Kinderbücher geschrieben, die in viele Sprachen übersetzt wurden - bislang aber nicht ins Tschechische.Dieser Beitrag wurde am 20. November 2012 gesendet. Heute konnten Sie seine Wiederholung hören.