Im tschechischen Hochschulwesen nichts Neues

Students from Prague's Jaroslav Seifert High School

Die von vielen Tausenden tschechischen Schülen herbeigesehnten Sommerferien sind bereits seit drei Wochen im Gange. Für viele von ihnen allerdings haben sie erst vor wenigen Tagen so richtig begonnen. Wer damit gemeint ist, erfahren sie im heutigen Radiofeuilleton von Jitka Mladkova:

Gemeint sind die Abiturienten, die bis vor kurzem wochenlang auf das Resultat einer, zwei, drei, oder auch fünf Aufnahmeprüfungen - je nachdem, an wie viel Hochschulen sie sich um einen Studienplatz beworben haben - warten mussten. Nach der obligatorischen Wartezeit konnten sie total gespannt ihren Namen im Internet auflisten oder ihn auch in den endlosen Namenslisten, die in den Fluren mancher Fakultäten traditionsgemäß ausgehängt werden, suchen. Ein Moment des Bangens, Zitterns und zugleich voller Hoffnung. Neben der erreichten Punktezahl steht da nämlich ein Verdikt dem Namen beigefügt: aufgenommen - nicht aufgenommen. Jedes der beiden so trocken und amtlich klingenden Wörter entscheidet ab sofort über das weitere Leben des jeweiligen jungen Bewerbers. Die einen freuen sich, die anderen sind enttäuscht. Jahr ein, Jahr aus. Im tschechischen Hochschulwesen also nichts Neues.

Hier - um es in der Businesssprache zu sagen - übersteigt die Nachfrage weit das Angebot, sprich die Möglichkeiten der einzelnen Universitäten. Offen gesagt, es fehlt an Geld. Dabei nimmt die Zahl der Interessenten am Hochschulstudium mit jedem Jahr zu. Einen rapiden Anstieg sogar hat man in diesem Jahr verzeichnet. Die Universitäten registrierten insgesamt 280 Tausend Bewerbungen, eingereicht von ca. 130 Tausend Interessenten, ein Viertel mehr als im Vorjahr. Zum Studium aufgenommen wurden ca. 70 Tausend von ihnen. Zwischen den einzelnen Schulen gibt es aber nach wie vor große Unterschiede im Zulauf der Studenten. Der größte Andrang ist im Bereich der ökonomischen Studienfächer und in den Gesellschaftswissenschaften, an technischen Universitäten hingegen mangelt es nicht an Studienplätzen. Das System ist nicht so strukturiert, um das Interesse an einzelnen Studienfächern zu reflektieren, sagen viele Sachkundige, vor allem selbst Universitätsrektoren. Darauf zu hoffen, dass sich in absehbarer Zukunft etwas ändern wird, wagen nur noch wenige. Schließlich gab es in den letzten Jahren wiederholte Versprechungen der Schulminister, die Fassungskapazität der Universitäten zu erhöhen.

In der zurückliegenden Woche erblickte ein neuer Reformentwurf das Licht der Welt. Die sozialdemokratische Schulministerin Petra Buzkova möchte sich u.a. dafür einsetzen, dass künftig jeweils 60 Prozent eines Abiturientenjahrgangs Zugang zum Hochschulstudium erhalten, also um die Hälfte mehr als heute. Ein ambitioniertes Vorhaben. Seine Umsetzung soll z.B. auch von der Gründung neuer Fachhochschulen begleitet werden. Und noch etwas: Das Hochschulbudget von derzeit 18 Milliarden müsste verdoppelt werden, um nach dem Vorbild anderer EU-Länder 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erreichen. Da muss man sich fragen: Ist es realistisch, was sich da in ihrem Reformentwurf eine Schulministerin vorgenommen hat, die bald schon keine Schulministerin mehr sein dürfte? Sind doch die Tage der scheidenden Regierung Spidla gezählt! Doch vielleicht war es aus der Sicht der Ministerin der richtige Moment, mit der Reform herauszurücken. Für uns andere, die keine Minister sind, heißt es sowieso: Abwarten!