Impfkritiker in Tschechien

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Schon mehrere Jahre lang kämpfen tschechische Impfkritiker für mehr Freiheit im hiesigen Impfwesen. In Tschechien sind nämlich - im Gegensatz zu westeuropäischen Staaten - die Eltern verpflichtet, ihre Kinder regelmäßig impfen zu lassen. Diese Praxis wird aber wohl, wie es aussieht, noch lange weiter bestehen. Mehr dazu von Jakub Siska.

Lukas Dostal hat mehrere Jahre in Deutschland gelebt. Er heiratete eine Deutsche, vor kurzem ist die ganze Familie mit vier Kindern nach Tschechien umgezogen. Bald wurde sie mit der hiesigen Impfpraxis konfrontiert: Die Kinder müssen von klein auf nach gesetzlich festgelegtem Kalender geimpft werden. Seine Frau hat es als sehr schmerzhaft erlebt, dass sie nicht nach ihrem eigenem Gewissen handeln konnte, erklärt Dr. Dostal:

"Ich als Arzt habe bei einigen Impfungen gesehen, dass sie Nebenwirkungen haben und überhaupt nicht eindeutig positiv zu bewerten sind. Bei manchen von ihnen sehe ich nicht ein, warum so kleine Kinder sie bekommen sollen. Es geht zum Beispiel um Hepatitis B, sogenannte Gelbsucht, die durch Blut und durch sexuellen Kontakt übertragen wird. Da finde ich überhaupt keinen Grund, warum Neugeborene bzw. Säuglinge geimpft werden müssen. Fälle, wo die Kinder auf diese Weise erkranken, gibt es etwa 10 im Jahr, unter einer halben Million Kindern. Es handelt sich also um eine sehr seltene Erkrankung."

Die tschechischen Behörden aber akzeptieren solche Argumente nicht. Die Impfung schützt die Bevölkerung vor schweren Krankheiten, und jede ungeimpfte Person bedeutet eine Bedrohung für alle. Auch mögliche Nebenwirkungen des Impfens können diesen Vorteil nicht aufwiegen, sagt die Hygienikerin Sylvie Kvaskova aus dem Gesundheitsministerium:

"Ich hätte meine Bedenken, wenn die Eltern selbst über die Impfungen entscheiden dürften. Gerade der Impfungspflicht ist es zu verdanken, dass die epidemiologische Situation bei uns sehr günstig ist, was auch von der Weltgesundheitsorganisation hoch geschätzt wird. Als mögliche Folge ein Anti-Impf-Kampagne kann ich ein Beispiel aus Großbritannien geben: Nach der Einstellung der Keuchhustenimpfung ist dort in 70-er Jahren das Auftreten dieser Krankheit deutlich gestiegen. Diese Einstellung wurde gerade aufgrund des Feldzugs der Impfgegner angeordnet. Ich bin mir sicher, dass ein fakultatives Impfen bei uns dieselben Ergebnisse bringen würde."

Es gehe aber nicht darum, mit dem Impfen aufzuhören, sondern nur darum, dieses auf eine freiwillige Basis zu stellen, argumentieren die Gegner. Im Allgemeinen ist das Vorkommen von Infektionskrankheiten in westeuropäischen Ländern ebenso niedrig wie in Tschechien, obwohl dort keine Impfung verpflichtend ist. Es ist aber schwierig, diese Meinung öffentlich zu äußern, auch wenn man Arzt ist, behauptet Dr. Dostal:

"Auch Kinderärzte sind nicht in allen Fällen mit der offiziellen Impfpraxis einverstanden. Manchmal würden sie zum Beispiel gegen Tuberkulose lieber später impfen als gleich am vierten Tag des Lebens des Kindes. Sie müssen also oft gegen Ihr Gewissen handeln. Und wenn die Eltern wegen der Impfungen gewisse Bedenken haben, dann ist der Arzt gezwungen, diese Eltern, also seine Kunden, beim Hygiene-Amt anzugeben. Sie sind dann ziemlich hohen Strafen ausgesetzt, und später kann ihnen sogar das Sorgerecht entzogen werden."

Nach Meinung der Impfkritiker hängt diese Problematik auch vom allgemeinen Zugang zum Patienten ab. Die tschechischen Ärzte, so meinen viele, sind immer noch nicht daran gewöhnt, ihre Kunden als gleichwertige Partner anzusehen. Diese Situation hat sich seit der Wende nur wenig geändert.