Corona-Pandemie: Immer mehr Menschen in Krankenhäusern, Pflegepersonal überlastet
Zwar müssen derzeit in Tschechien deutlich weniger Patienten wegen Covid-19 in den Krankenhäusern behandelt werden als vor einem Jahr. Und das Personal ist wegen einer hohen Impfquote selbst nur wenig von der Pandemie betroffen. Dennoch arbeiten Ärzte und Pflegende weiterhin am Limit.
Erst wenn jemand einen echt wirksamen Impfstoff gegen Covid-19 anbiete, werde er sich impfen lassen. Dies sagt ein älterer Mann, der auf der Intensivstation der Uniklinik in Prag behandelt wird. Sein Bruder, der geimpft sei, habe sich dennoch bei ihm angesteckt, sagt der Patient.
Lukáš Zlatohlávek leitet die Abteilung für innere Medizin in dem Krankenhaus. Der Arzt kann die Argumente dieses Mannes nicht verstehen und schildert seine Beobachtungen:
„Ich habe das Gefühl, dass die Nicht-Geimpften schwerere Verläufe haben. Sie müssen häufig in der zweiten Woche auf die Intensivstation verlegt werden. Aber wir stehen erst am Anfang der jetzigen Welle. Wir werden also noch sehen, in welchem Verhältnis es sich um geimpfte und ungeimpfte Patienten handeln wird.“
In jedem Fall steigt die Zahl der Covid-19-Patienten in den tschechischen Krankenhäusern derzeit steil an. Am Sonntag waren es fast 2700 – und damit rund eintausend mehr als noch vor einer Woche. Das macht den Präsidenten der tschechischen Ärztekammer, Milan Kubek, fassungslos.
„Die Krankenhäuser werden stärker von Covid-19-Patienten überflutet, als auch ich das vor einem Monat gedacht habe. Den Optimismus, den ich damals noch verbreitet habe, der hat mich wieder verlassen“, sagte Kubek am Sonntag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.
So hatte der Verbandspräsident gehofft, dass bei 10.000 Neuerkrankungen am Tag die Gesamtzahl der behandlungsbedürftigen Fälle bei etwa 2500 liegen würde. Dass man sich nun auf deutlich höhere Zahlen einstellen muss, sieht er als Folge der relativ geringen Impfquote in Tschechien. Erst 57,3 Prozent der hiesigen Bevölkerung sind vollständig immunisiert. Kubek:
„Selbst wenn alles noch gut ausgeht, werden wir 5000 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern haben – und davon 1000 auf den Intensivstationen. Die Zahl der Toten am Tag dürfte dann auf 100 steigen. Das ist schlimm, wenn man sich bewusst macht, dass wir nicht mehr so wehrlos sind wie noch vor einem Jahr. Es gibt die Impfungen, aber wir sind einfach zu dumm, um diese auch entsprechend zu nutzen.“
Unter den Ärzten und dem Pflegepersonal in den Kliniken ist die Impfquote deutlich höher: 87 Prozent bei Ersteren und fast 80 Prozent bei den Zweiten. Deswegen fallen auch nur wenige von ihnen derzeit wegen Corona aus – anders als im vergangenen Jahr. Und man habe auch deutlich mehr Erfahrung im Umgang mit dem Virus, sagt die Präsidentin des Verbandes der Krankenschwestern, Martina Šochmanová. Dennoch sei sie besorgt um das Pflegepersonal.
„Wir sind besser geworden im Umgang mit den ganzen Schutzmitteln. Uns ist klar, worauf man sich konzentrieren muss und was nicht vernachlässigt werden darf. Die Lage ist aber deswegen schlechter, weil das Pflegepersonal mittlerweile erschöpft ist. Und nun rollt schon wieder eine Corona-Welle auf uns zu“, schildert Šochmanová.
Ärztekammerpräsident Kubek ergänzt, dass es nicht einmal im Sommer in den tschechischen Krankenhäusern zu einer Entspannung gekommen sei:
„Wir haben die ganzen verschobenen Operationen nachholen müssen. Als es nur um Corona ging, haben alle darunter gelitten – auch jene, die sich geschützt und nicht angesteckt haben oder impfen ließen. Denn im Gesundheitssystem muss extra Personal für die Covid-19-Patienten abgestellt werden, so wie das auch jetzt wieder geschieht. Für anderes ist dann weder Zeit noch Raum.“
Eine Verschärfung der Corona-Regeln plant der scheidende Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) aber erst ab dem 22. November.