Internationale Stimmen zu den tschechischen Wahlen
In Tschechien sind jetzt die Koalitionsverhandlungen in vollem Gange. Sarah Polewsky hat aber noch einmal einige ausländische Kommentare zu den tschechischen Wahlen für Sie zusammengetragen.
"Die Tschechische Republik, einer der florierendsten neuen EU-Staaten, wurde nach einer hart umkämpften Wahl und einem schlammschlachtähnlichen Wahlkampf in politisches Chaos gestürzt."
In den englischsprachigen Zeitungen spielen vor allem die möglichen wirtschaftlichen Konsequenzen der Wahl eine Rolle: Vorausgesetzt es gelingt Topolanek, eine starke Regierung zu bilden, erwartet die Times mit Blick auf die von der ODS anvisierte Einheitssteuer eine deutliche Wende in der tschechischen Finanzpolitik. Eben dies bezweifelt jedoch die britische Tageszeitung The Independent, der mit einer Aufschiebung der ODS-Steuerpläne rechnet.
Der Independent, der Paroubek alle Qualitäten eines schlechten Verlierers zuschreibt, hält das Wahlergebnis von 100:100 Sitzen für wenig überraschend:
"Die politische Pattsituation spiegelt die Teilung der Tschechen in solche, die Reformen in Richtung eines freieren Marktes fordern, und andere, die sich um den Erhalt des Sozialstaats sorgen, wider. Das ist eine häufige Erscheinung, seit die Kommunisten 1989 abgesetzt wurden."Ein häufiges Thema ist auch der Einzug der Grünen ins tschechische Parlament. Die International Herald Tribune macht darauf aufmerksam, dass die Tschechische Republik jetzt das einzige ostmitteleuropäische Land ist, in dem Grüne zu den Gesetzgebern gehören, und spricht ihnen eine mögliche Schlüsselrolle zu:
"Wenn die Gespräche zur Bildung einer konservativen Regierung erfolgreich sind, könnten sie den Grünen trotz ihres Wahlergebnisses von 6,3 Prozent erhebliches Gewicht verleihen. Die sechs Sitze der Partei bedeuten dann eine entscheidende Unterstützung für Topolanek."
Den Aufstieg der Grünen zur fünften politischen Kraft in Tschechien reflektiert auch die französische Le Monde, die diesem Ereignis sogar einen eigenen Artikel widmet. Anlässlich des Wahlsiegs der ODS stellt Le Monde v.a. die Person Mirek Topolaneks vor und vergleicht die Situation nach der Wahl mit jener in Deutschland :"Im Alter von 50 Jahren hat der Ingenieur Mirek Topolanek, Chef der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), die Mission erfüllt, die ihm der Parteigründer und aktuelle Präsident der Republik, Vaclav Klaus übertrug, als er im Dezember 2002 dessen Nachfolge übernommen hat: die antikommunistische, euroskeptische und liberale Rechte an die Macht zu bringen." - "Das Schicksal dieses Mährers erinnert an das Los der deutschen Kanzlerin, der Christdemokratin Angela Merkel, das notgedrungen in einer Koalition mit ihren sozial-demokratischen Gegnern endete."
Im Hinblick auf die vorgezogenen slowakischen Parlamentswahlen am 17. Juni äußert sich auch der slowakische Premier Mikulas Dzurinda zum tschechischen Ergebnis:
"Persönlich bin ich froh, dass sich in Tschechien der Populismus nicht durchgesetzt hat, und dass die Tschechen die Kommunisten abgelehnt haben."
In Anspielung auf seinen Gegenkandidaten, den Sozialdemokraten Robert Fico, hofft Dzurinda, dass die slowakischen Wähler ähnlich entscheiden werden.