Jablonec (Gablonz) - Stadt der Bijouterie
In der Touristensprechstunde reisen Sie gemeinsam mit Markéta Maurová und Dagmar Keberlová nach Nordböhmen. Sie besuchen die Stadt Jablonec nad Nisou (Gablonz), die heute den Beinamen "Glas- und Bijouteriestadt" trägt. Wie sie zu diesem Attribut gekommen ist und wo man sich mit der Tradition der dortigen Glasherstellung bekannt machen kann, erfahren Sie in den folgenden Minuten.
Eine andere interessante Urkundenerwähnung stammt aus dem Jahre 1469. Wie man in böhmischen Landtafeln lesen kann, haben die Gegner des hussitischen Königs Georg von Podiebrad aus der Lausitz eine Reihe von Lokalitäten in der nordböhmischen Region niedergebrannt. Darunter war auch Gablonz. Die Gemeinde ist für mehrere Jahrzehnte völlig von der Landkarte verschwunden. Diese Unterbrechung der geschichtlichen Kontinuität bewirkte auch den Bevölkerungswechsel. Dass die ursprünglichen Bewohner Tschechen waren, beweist der Name der Stadt - in dem sich das Substantiv JABLON - Apfelbaum versteckt. Bis heute finden wir in der Stadt die Straße mit dem Namen "Zum Grünen Baum", die an eine Sage über die Gründung erinnert. Die neue Welle der Kolonisierung, die nach etwa 70 Jahren kam, war deutsch.
Noch im Jahre 1538 wird Jablonec als wüst bezeichnet, es war ein unbewohnter Ort tief in den Wäldern im äußersten nördlichen Winkel der Herrschaft Mala Skala. Diese Lage begann sich zu verändern, als die Herrschaft 1538 vom obersten Prager Burggrafen Johann von Wartenberg gekauft wurde. Er vereinigte seine nordböhmischen Herrschaften und ließ ein großes Dominium entstehen, auf dem er großartige Wirtschaftsveränderungen vornahm. Das Isergebirge, das reich an Holz, Sand und Wasser war, eignete sich hervorragend für die Glasproduktion. Es wurden Glasexperten aus der Umgebung von Novy Bor (Haida) sowie aus dem Erzgebirge eingeladen, wo es damals schon entwickelte Glashütten gab. In beiden Fällen handelte es sich um die deutsche Bevölkerung, die bald die Überreste der tschechischen Bewohner assimilierte. 1548 wurde die erste Glashütte in Mseno (Grünwald) gegründet. Ungefähr zur selben Zeit wurde auch der Raum um Gablonz erneut besiedelt, höchstwahrscheinlich gerade durch die Glasarbeiter, die in Grünwald arbeiteten. Trotzdem entwickelte sich Gablonz nur sehr langsam.Der Dreißigjährige Krieg brachte der Stadt eine zweite Feuersbrunst. Nach dem Krieg verließen viele der dortigen Bewohner, die protestantisch waren, nicht nur die Stadt, sondern Böhmen überhaupt. Gablonz fiel zunächst für eine kurze Zeit Albrecht von Wallenstein zu, noch während Wallensteins Lebens gewannen es aber die Grafen Des Fours als Lehen. Der Aufschwung, den die Stadt endlich erlebte, fand im Aufbau einer neuen Kirche seinen Ausdruck, die der hl. Anna geweiht wurde.
Im Jahre 1708 äußerte sich zum ersten Mal die Rivalität mit dem benachbarten Liberec/Reichenberg, die später Hand in Hand mit der Entwicklung der Stadt ging. Der Streit entfesselte sich um die Erhöhung von Gablonz zur Stadt und endete zwischenzeitlich mit dem Erfolg der Reichenberger. Zur Stadt wurde Gablonz erst wesentlich später. Im Jahre 1808 wurde es zu einem Marktflecken erhoben, mit dem Recht, zwei Jahrmärkte und einen Wochenmarkt zu veranstalten. Erst 1866 erhob Kaiser Franz Josef Gablonz, das in jener Zeit ein bedeutendes Zentrum war und Handelskontakte mit der ganzen Welt pflegte, endlich auch zur Stadt. Kurz darauf wurde das Rathaus an der nördlichen Seite des Stadtrings gebaut. Der preußisch-französische Krieg schaltete die gefährlichsten Konkurrenten in der Herstellung von Glas und Bijouterie aus und die Gablonzer Glasunternehmer eroberten die ausländischen Märkte. Hand in Hand mit der wirtschaftlichen Entwicklung ging auch die Bauentwicklung der Stadt. Das Aussehen von Gablonz veränderte sich erheblich. Vor dem 1. Weltkrieg entstanden die meisten Gebäude, sowohl die staatlichen als auch die privat repräsentativen und Gablonz bekam nach langjährigem Streben endlich auch die Eisenbahnverbindung mit Liberec (Reichenberg) und Tanvald. Nach der Entstehung der Tschechoslowakischen Republik kam zunächst eine Konjunktur, der jedoch eine wirtschaftliche Krise folgte, die einen Verfall der Glas- und Bijouterieunternehmen mit sich brachte. Die allgemeine Stagnierung vertieften noch spezifische Probleme dieser Industrie - nämlich verschiedene Modewellen und die Stärkung der ausländischen Konkurrenz. Trotzdem wurden gerade in dieser Zeit die beiden bedeutendsten Dominanten der Stadt gebaut - das Neue Rathaus und die Kirche des Heiligsten Herzens Christi.Wenn Sie heute nach Gablonz kommen und sich für die Geschichte der Stadt und besonders der dortigen Glas- und Bijouterieindustrie interessieren, können wir Ihnen einen Besuch im Gablonzer Museum empfehlen. Was dort zu sehen ist, fragte ich seine Direktorin, Jaroslava Slabá.
"Unser Museum für Glas und Bijouterie hat drei Gebäude. Das Hauptgebäude, das im Jugendstil gebaut wurde, ist sehr schön als solches. Die Innenräume werden nun renoviert, aber bis Mitte des Jahres wollen wir dort eine Ausstellung veranstalten, die der 120jährigen Existenz der Bijouterie-Schule gewidmet ist. Danach wird das Gebäude leider geschlossen, aber ich möchte trotzdem Ihre Hörer in unsere anderen Räume einladen. Im Barockgebäude in der Mlynska-Straße laufen landeskundliche Ausstellungen, aber auch Ausstellungen für Kinder. Für den Sommer bereiten wir eine schöne Ausstellung von Frau Klimtova vor - und zwar über die Zwerge aus dem Isergebirge: Bilder, Figuren - aber mehr werde ich nicht verraten, das ist ein Geheimnis, eine Überraschung."
Das Gablonzer Museum hat aber noch eine Abteilung, die sich nicht direkt in der Stadt, sondern ein Paar Kilometer weiter befindet.
"Und das dritte Gebäude ist ein Bauernhaus im Isergebirge, in Kristiánov (Christiansthal). Dort bieten sich Möglichkeiten zu einem schönen Spaziergang oder zu einer Radtour. Man findet dort eine Ausstellung, die der dortigen Geschichte der Glasherstellung in Christiansthal gewidmet ist, die Glashütte wurde dort von der großen Glaserfamilie Riedel gegründet. Und ein Modell zeigt, wie das Glasbläserdorf Christiansthal ursprünglich aussah. Am 1. September lade ich sie zu einer Glasbläser-Kirmes ein. Man zeigt dort alte Handwerke, es werden Wettbewerbe für Kinder veranstaltet usw. Und die ganze Kirmes wird von Herrn Dekan Bratrsovsky mit einer Messe unter freiem Himmel eröffnet."Wie wir bereits erwähnt haben, begann sich die Glasproduktion in dieser Region nach dem Dreißigjährigen Krieg zu entwickeln. Wann schloss sich dieser aber auch die Herstellung der gläsernen Schmuckware an?
"Bei uns begann man mit der Herstellung der Glasbijouterie Ende des 18. Jahrhunderts. Woher ist das gekommen? Die Idee entstand wohl bei Rudolf II. Er soll Steinschnitzler aus Frankreich eingeladen haben und sie lehrten uns, den Stein zu bearbeiten. Der Stein wurde in Turnov (Turnau) bearbeitet und wir haben später bei uns angefangen, einen Ersatz, nämlich Glas auf die selbe Art und Weise zu bearbeiten. So entstand die Glasbijouterie. Dann lernte man einzelne Glasstücke zu verbinden - und es entstanden Halsketten, Armbände, Ohrringe usw."
Gibt es Erzeugnisse, die speziell für Gablonz charakteristisch sind?
"Natürlich. Für Gablonz ist die schwarze Bijouterie typisch. Sie stammt ursprünglich aus Frankreich. Französische Juweliere schufen die schwarze Bijouterie aus Gagat, aus einem echtem Stein. Und die Handwerker und Künstler in unserer Region fanden eine billigere Version, nämlich aus schwarzem Glas."
Soweit, liebe Hörerinnen und Hörer, unser heutiger Besuch in Jablonec nad Nisou (Gablonz) und im dortigen Glas- und Bijouteriemuseum, durch das uns dessen Direktorin Jaroslava Slabá führte.