Jede Menge tschechische Kultur beim Jubiläum des Museumsquartiers in Wien

'Český Mír', foto: www.hypermarketfilm.cz

Vienna calling – nach nur kurzer Zeit machen wir bei unserer Sendereihe Aviso erneut Station beim Tschechischen Zentrum in Wien. Sie hören ein Interview mit der Leiterin des Zentrums, Dr. Taťána Langášková, über tschechische Kultur in der österreichischen Hauptstadt während des Sommers.

Frau Dr. Langášková, das Tschechische Zentrum in Wien wird in den Monaten Juli und August bei sich zwar keine Veranstaltungen ausrichten. Das heißt aber nicht, dass die tschechische Kultur für den Sommer aus der österreichischen Hauptstadt verschwindet. Denn Sie haben sich dafür eingesetzt, dass Tschechien mit mehreren Beiträgen bei der Zehnjahresfeier des Museumsquartiers Wien vertreten ist. Für alle, die nicht eingeweiht oder vielleicht neu in Wien sind: Was ist denn das Museumsquartier?

Plakat des Museumsquartiers  (Quelle: Büro X / MuseumsQuartier Wien)
„Auf das Museumsquartier werde ich immer von tschechischen Freunden und Künstlern oder Menschen angesprochen, die in Wien waren. Sie sind begeistert und zugleich unglücklich, dass es so etwas nicht auch in Prag gibt. Es ist eines der größten Kunst- und Kulturareale in Europa, so weit ich informiert bin, eine sehr attraktive Kunstbühne Wiens, die aber an verschiedenen Orten aufgestellt ist. Es ist eine Zusammensetzung von einigen Museen wie dem Museum Leopold, dem Museum für moderne Kunst und der Kunsthalle, die unterschiedliche Eigentümer haben. Zudem sind dort viele Initiativen angesiedelt wie das Tanzquartier oder das Quartier 21, es gibt dort aber auch Modegeschäfte und Designerläden. Und last but not least: Dort besteht auch ein Architekturzentrum. Interessant ist dabei, dass das Areal große historische Bedeutung hat: Es waren einst Stallungen des österreichischen Kaisers. Insgesamt ist es aber eine Zusammensetzung von sehr vielen Gebäuden, darunter auch Neubauten.“

Duo Dva  (Foto: Jakub Růžička)
Am 30. Juni 2001 wurde das Museumsquartier eröffnet. Zur unmittelbaren Jubiläumsfeier wird ein Open-Air-Konzert veranstaltet, bei dem das tschechische Duo Dva auftritt. Ich muss sagen, ich kenne das Duo leider noch nicht. Vielleicht können Sie uns ein bisschen Lust machen auf die Musik der beiden…

„Schade, dass Sie das Duo nicht kennen. Es ist in den letzten zwei, drei Jahren sehr populär in Tschechien geworden. Wir haben es auch schon zweimal nach Österreich eingeladen. Und es war eigentlich auch die Wahl der Veranstalter des Museumsquartiers. Das ist für uns eine große Ehre, und ich freue mich sehr, dass eine tschechische Band Teil dieser Eröffnung ist. Die beiden spielen akustisch-elektronische Musik, interessant ist dabei, dass sie eine Kunstsprache verwenden. Sie singen also weder auf Tschechisch, noch auf Englisch, aber es klingt halt sehr europäisch. Sie selbst beschreiben ihre Musik als Pop aus nicht existierenden Radiogeräten oder Folklore einer nicht existierenden Nation. Wie schon der Name Dva sagt, handelt es sich um zwei Musiker – ein früheres Ehepaar, das heute getrennt lebt, aber gemeinsam Musik macht: Bára Kratochvílová und Jan Kratochvíl. Sie sind sehr musikalisch und man findet Einflüsse von Tango und Folk, gemischt mit Kabarett-Einlagen.“

Michal Rataj
Das klingt auf jeden Fall spannend. Musik aus Tschechien gibt es aber im Museumsquartier noch mehr. Und zwar in Form einer Klanginstallation. Anfang Juni bereits hat der junge Musiker Michal Rataj seinen Beitrag installiert. Was ist von ihm denn zu erleben?

„Michal Rataj ist Teil eines großen Projekts eines sehr bekannten Schweizer Klangkünstlers: Andres Bosshard. Bosshard und Rataj hatten sich bei einem Art-in-Residence-Aufenthalt im Museumsquartier im Jahr 2004 kennengelernt. Andres Bosshard hat nun nicht nur Rataj eingeladen, sondern insgesamt 16 Künstler aus 12 Ländern. Das Ganze nennt sich Klanghimmel Museumsquartier und findet im Rahmen einer Klangreihe statt, die bereits seit 2003 im Museumsquartier läuft. Diese Klangsreihe ist das Kind des Kurators Georg Weckwerth, der gleichzeitig diese Klanginstallationen in Berlin und – ich hoffe - auch bald in Prag veranstaltet. Die Tonspur läuft wirklich in regelmäßigen Abständen im Quartier 21. Es sind Installationen, Konzerte und Ausstellungen im Schnittfeld von Musik, Bildende Kunst und Medienkunst. Rataj war bereits am 9. Juni hier in Wien zu Gast, als das ganze Projekt vorgestellt wurde. Ich finde, es ist sehr schön. Er sit zusammen mit Bosshard und dem Autor des Gesamtkonzepts Weckwerth sowie Lucas Niggli, einem bekannten Schweizer Perkussionisten, live aufgetreten.“

Jaroslav Rudiš
Im Juli beginnt bei der Zehnjahresfeier zudem ein Literaturfestival, das bis in den August reicht. Am Donnerstag, den 18. August, kommt dabei auch Jaroslav Rudiš, der aber den Informationen nach gar nicht sein neuestes Werk vorstellt, sondern seinen Erstling „Der Himmel unter Berlin“. Wissen Sie warum?

„Ich weiß nicht warum. Aber heute habe ich dann erfahren, dass er seinen Roman ´Grandhotel´ präsentiert.“

Also das zweite und vorerst letzte Werk von ihm, das auf Deutsch erschienen ist…

„Wir haben im Übrigen Rudiš vorgeschlagen, weil wir vom Kurator angefragt worden waren, aber sind dann nicht an der Auswahl der Werke beteiligt gewesen. Diesmal gibt es österreichisch-europäische Double-Features. Rudiš wird deswegen gemeinsam mit der österreichischen Schriftstellerin Evelyn Schlag auftreten, die aus ihrem Werk ´Die große Freiheit des Ferenc Puskas´ liest. Jaroslav Rudiš ist einer der wenigen Autoren neben Radka Denemarková und ein paar weiteren, die auf Deutsch lesen kann, und das sogar sehr gut. Das Ganze ist schon ein bisschen ein Pop-Event, weil viele Zuschauer dahin kommen – deswegen suchen sie sich wohl nur Werke aus, die auf Deutsch erschienen sind.“

Aus dem Film „Tschechischer Frieden“
Nur einen Tag nach dem Auftritt von Jaroslav Rudiš gibt es zudem noch tschechisches Kino. Genauer ist es der Dokumentarfilm Český mír, also tschechischer Frieden. Können Sie unseren Hörern in Kürze erläutern, worum es dabei geht?

„Es handelt es sich da um einen Beitrag im Rahmen eines Openair-Filmfestivals. Das Festival heißt Digital Summer Screenings frame(o)ut. Die Filme laufen vom 8. Juli bis 27. August jeden Freitag und Samstag im Hof 8 des Museumsquartiers. Es ist wieder so ein Projekt des Festivals mit dem Quartier 21 im Museumsquartier. Gezeigt werden europäische Dokumentarfilme. Český mír, oder der englische Titel ´Czech Peace´, wurde von den Veranstaltern selbst ausgesucht. Der Film läuft am 19. August erst um 21.40 Uhr wegen der Lichtverhältnisse – damit es ausreichend dunkel ist.“

Autor: Till Janzer
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