Jenaer Kodex: Kleinod mittelalterlicher Kunst auf der Prager Burg ausgestellt
„Die Kunst der tschechischen Reformation“, so heißt eine der größten Ausstellungen, die derzeit in Prag gezeigt wird. Vor fast vier Monaten wurde sie eröffnet und am Ostersonntag soll sie bereits ihre Tore schließen. Doch erst seit Mittwoch schmückt sie eine sprichwörtliche Rosine auf der Torte. Unter strengen Sicherheitsmaßnahmen wurde im Ausstellungsraum, dem ehemaligen kaiserlichen Pferdestall auf der Prager Burg, eines der wertvollsten tschechischen Kulturdenkmäler in einer Glasvitrine installiert: der Jenaer Kodex. Allerdings nur bis 30. März.
1951 jedoch brachte ihn der damalige DDR-Präsident Wilhelm Pieck als Staatsgeschenk zurück in die Tschechoslowakei. Irgendwann danach hat sich seine Bezeichnung als „Jenaer Kodex“ eingebürgert. Kateřina Horníčková ist Kuratorin der Ausstellung zur böhmischen Kunst der Reformationszeit. Zur Charakterisierung des in Lateinisch und Tschechisch verfassten Werkes sagt sie:
„Eigentlich ist es nicht leicht zu erläutern, was der Jenaer Kodex für uns Tschechen und unsere Geschichte bedeutet. Er besteht aus insgesamt zehn inhaltlich miteinander nicht verknüpften Teilen. Zusammen bilden sie aber einen theologischen Sammelband, der die radikale Lehre der Hussiten am Beginn ihrer Revolution erfasst hat.“
Der Sammelband enthält insgesamt 120 zusammengebundene Blätter, neun davon aus Pergament, und 122 Illuminationen. Um seinen Inhalt besser zu verstehen, wurde auch ein Begleitbuch mit erläuternden Kommentaren von Sachkundigen herausgegeben.
Zwar kehrte der Jenaer Kodex erst vor fast 60 Jahren in seine Heimat zurück, doch schon zuvor waren Teile daraus in gewissem Sinne wieder aufgetaucht. Marta Vaculínová, Abteilungsleiterin für alte Handschriften im Prager Nationalmuseum:
„In den 1820er Jahren ließ Johann Wolfgang Goethe Kopien aus dem Kodex für seine Freunde in Böhmen anfertigen, die sich als Forscher damit befassen wollten. Auch diese Zeichnungen haben wir in unserer Handschriftensammlung.“
Obwohl das einzigartige Werk des Mittealters in den 1980er Jahren umfassend restauriert wurde, kann es seines Alters wegen nicht lange ausgestellt werden. Nach dem 30. März wird es für mindestens fünf Jahre wieder im Tresor des Nationalmuseums verschwinden. Doch auch der Rest der Ausstellung ist sehenswert. Mit fast 100 zum Teil noch nie gezeigten Kunstwerken bietet er einen Einblick in die tschechische Kunstgeschichte seit der Hussitenrevolution bis zur verheerenden Schlacht am Weißen Berg 1620.