Jogis Jungs für die Charmeoffensive in Tschechien

Deutsche Nationalmannschaft (Foto: ČTK)

Wir Deutschen wissen, dass unsere Fußball-Nationalmannschaft seit der WM 2006 ihr Gesicht gewandelt hat. Es ist vor allem schöner geworden, man hat auch manchmal Spaß am Dargebotenen. Für mich hier in Tschechien bedeutet es aber noch mehr.

Deutsche Nationalmannschaft  (Foto: ČTK)
Ich habe in den 80er Jahren begonnen, die Spiele der DFB-Auswahl zu verfolgen. Damals ging es um Rennen, Kämpfen, Schießen. Diese so grauseligen deutschen Tugenden. Und das hat das Image der deutschen Mannschaft im Ausland auf lange Zeit hinaus mitgeprägt, auch hier in Tschechien. Wie häufig habe ich das in Zeitungen gelesen und im Fernsehen gehört: „Bulldoggen-Fußball“ und „Die walzen wieder alles nieder“. Und mein inneres Auge hat dann deutsche Wehrmachtssoldaten gesehen, wie sie Grenzbalken hoch stemmen und mit Panzerwagen in die Tschechoslowakei eindringen.

Die Geschichte lässt sich leider nicht mehr ändern, der deutsche Fußball hingegen schon. Und da muss ich sagen, danke ich dem deutschen Team wirklich. Eine kleine Szene. Ich sitze im Restaurant und höre, wie sich ein Paar mittleren Alters über die Fußball-EM unterhält. Ich spitze also die Ohren, weil das mich interessiert. Er sagt, dass es ein Finale Deutschland gegen Russland geben könnte. Sie entgegnet etwas im Sinne von „ausgerechnet die beiden“, worauf der Mann antwortet: Die haben aber beide im Viertelfinale sehr gut gespielt.

Deutschland-Türkei  (Foto: ČTK)
Und das ist nicht der einzige Fall. Was wurde auch in Tschechien über das deutsche Team hergezogen, als es 2002 bis ins WM-Finale kam. Jetzt steht Deutschland erneut im Finale. Nur einmal aber habe ich wieder die verbalen Vereinfachungen gehört. Vor dem Spiel gegen Portugal hieß es im Fernsehen, dass die deutsche Maschinerie wieder angelaufen sei. Das war es aber schon auch.

Ich fühle derzeit eine Erleichterung. Selbst wenn der durchschnittliche tschechische Fußballfan kaum jemals bei sich eine spontane Liebe zum deutschen Nationalteam entdecken dürfte, bin ich einfach froh, dass mir Plumpheiten diesmal erspart geblieben sind – dank dem deutschen Spiel, das insgesamt nicht sehr viel schlechter war als das anderer Teams bei der EM. Man soll den Tag natürlich nicht vor dem Abend loben, das Finale steht ja erst noch an. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese etwas zu häufig bemühte Floskel von den Sportlern als Botschafter eines Landes bei Jogis Jungs diesmal gar nicht so falsch ist.

Autor: Till Janzer
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