Jüdische Gemeinde gedenkt unter Polizeischutz an 9. November

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Der Nacht vom 9. auf den 10. November widmet die Prager jüdische Gemeinde jedes Jahr besondere Aufmerksamkeit. Es ist der schmerzliche Gedenktag der Opfer der so genannten „Reichspogromnacht“, die im Jahr 1938 im nationalsozialistischen Deutschland den Beginn der Bedrohung, Verfolgung und Ermordung von Millionen von Juden in aller Welt bedeutete. Mit großer Bestürzung nahm daher die jüdische Gemeinde zur Kenntnis, dass gewaltbereite Neonazis aus Tschechien, Slowakei und Deutschland trotz Verbotes zu einem Marsch durch das ehemalige jüdische Viertel an diesem Tag aufrufen.

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Über 1900 Polizisten waren im Einsatz, um die Sicherheit der Teilnehmer der Gedenkveranstaltung der jüdischen Gemeinde unter dem Motto „Erweist den Opfern die Ehre, nicht dem Genozid“ zu gewährleisten sowie Auseinandersetzungen zwischen Neonazis auf der einen und Nazigegnern auf der anderen Seite zu verhindern. In das von Absperrgittern umzäunte ehemalige jüdische Viertel konnte nur eintreten, wer vorher seine Taschen nach Waffen durchsuchen ließ. Panzerfahrzeuge und Sondereinheiten der Polizei in schwarzen Helmen und Kampfmontur sperrten die Straßen vor etwaigen Angriffen ab.

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Die so genannte „Josefstadt“ glich einer „Festung“, die den Ernst der Bedrohung durch die Neonazis allen Teilnehmenden bewusst werden ließ. Umso größer war die Erleichterung des Vorsitzenden der Föderation jüdischer Gemeinden, Jiří Daníček, dass dem Aufruf zur Unterstützung der Juden so viele Menschen gefolgt waren. Er hielt in seiner Rede an die etwa 400 Versammelten fest:

„Liebe Freunde, im Namen der jüdischen Gemeinde in Prag und der jüdischen Gemeinden in Tschechien danke ich für viele Briefe, Mails und Telefonate, von Einzelpersonen, Gruppen, Gemeinschaften, Institutionen, Pfarreien und Gemeinden, in denen Ihr Eure Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft in der Tschechischen Republik ausdrückt und den Entschluss, friedlich aber eindringlich zum Ausdruck zu bringen, dass Neonazis weder im öffentlichen noch im politischen Leben ihren Platz haben. Eure Teilnahme ist der Beweis, dass es nicht nur bei den Worten geblieben ist.“

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Unter den Teilnehmenden befanden sich viele Persönlichkeiten aus dem öffentlichen und politischen Leben aus dem In- und Ausland. Aus Deutschland gekommen war der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, der an die Adresse des Generalsekretärs der Föderation der jüdischen Gemeinden erklärte, warum er an der Gedenkveranstaltung in Prag teilnimmt:

„Ganz einfach, um meinem guten Freund Tomáš Kraus deutlich zu sagen: Wenn es nötig ist, stehen wir hier an seiner Seite!“

Der Gedenkgottesdienst wurde ohne befürchtete Aktionen von Seiten der Neonazis in ruhiger und bedächtiger Atmosphäre bis zum Ende gehalten. Für alle Teilnehmenden wurde die Gedenkstunde so zum Signal, dass durch den diesjährigen gemeinsamen Protest von Politik und Gesellschaft der Bedrohung der jüdischen Gemeinde durch die Neonazis Einhalt geboten werden konnte.