Trotz Verbot: Neonazis wollen durch ehemaliges jüdisches Viertel in Prag marschieren
Am Samstag erwartet das historische Zentrum Prags, in dem auch das ehemalige jüdische Viertel liegt, möglicherweise eine Straßenschlacht. Trotz Verbots durch das Prager Stadtgericht will die rechtsradikale Vereinigung "Junge Nationaldemokraten" ihre Mitglieder am Jahrestag der Pogrome der Reichskristallnacht genau durch das ehemalige jüdische Viertel marschieren lassen. Nicht nur Magistrat und Polizei bereiten sich darauf vor.
"Die Aufmärsche sind verboten und die Stadt wird mit ihren Beamten die ganze Zeit gegenwärtig sein, um die Versammlung augenblicklich aufzulösen und die Polizeieinheiten zur Durchsetzung dieses Beschlusses aufzufordern."
Soweit am Donnerstag der zweite Oberbürgermeister der Stadt Prag, Rudolf Blazek. Am Samstag werden in den Straßen insgesamt an die 1400 Polizisten versuchen, die Situation unter Kontrolle zu halten. Auch der stellvertretende Bürgermeister des ersten Prager Stadtbezirks, Petr Hejma, hat bereits angekündigt, dass in den entsprechenden Straßen schon alle Vorkehrungen getroffen seien, um Gewaltakten vorzubeugen. Und zu denen wird es aller Wahrscheinlichkeit nach kommen. Das Prager Stadtgericht hat den Aufmarsch der rechtsextremen Vereinigung "Junge Nationaldemokraten" durch das ehemalige jüdische Viertel verboten. Am Donnerstag wurde der Neonazi-Aufmarsch auch auf zwei alternativen Wegen untersagt. Die Antwort kam postwendend auf der Webseite der radikalen "Jungen Nationaldemokraten":
"Das Verbot jeglicher alternativer Wege und Tage für den Aufmarsch verstehen wir als den Wunsch des Magistrats, dass wir auf der ursprünglich ausgesuchten Strecke marschieren sollen. Diesem Wunsch werden wir entsprechen."
Man rechnet also am Samstag zwischen 15 und 16 Uhr im Bereich der Josefstadt mit dem Schlimmsten: Auf der einen Seite hunderte von Rechtsradikalen, auf der anderen Seite Polizei sowie Mitglieder der Jüdischen liberalen Union, die sich den Neonazis zur Not auch mit Gewalt entgegenstellen wollen. Auf ihrer Seite werden neben Antifaschisten auch Politiker verschiedener Parteien erwartet. Erwartet werden allerdings auch Neonazis aus dem Ausland, vor allem aus der Slowakei und aus Deutschland. Aber auch darauf stellt man sich ein, wie eine Sprecherin der Pilsener Ausländer- und Grenzpolizei erklärt:"Unser Augenmerk richten wir hauptsächlich auf Personen, bei denen offensichtlich ist, dass sie sich am Aufmarsch in Prag beteiligen, eine Straftat begehen oder eben die öffentliche Ordnung stören wollen. Die Polizisten werden diese Personen identifizieren und überprüfen. Darüber hinaus werden wir Fahrzeuge und Züge daraufhin überprüfen, ob Waffen oder andere gefährliche Gegenstände über die Grenze transportiert werden oder auch Dinge mit nazistischen Symbolen."Derweil man sich auf beiden Seiten auf Gewalt einstellt, hat der Direktor des Jüdischen Museums in Prag, Leo Pavlat, bereits hunderte von unterstützenden Briefen erhalten. Er rechnet mit mehreren tausend Menschen, die gegen den Neonazi-Aufmarsch demonstrieren wollen:
"Daher glaube ich, dass am Samstag im Ergebnis ein gutes Signal von diesem Land ausgehen wird, im Sinne einer starken Demokratie."