Jugendliche aus vier Ländern forschen zur Geschichte und diskutieren mit Angela Merkel
Schüler aus Tschechien, Deutschland, Polen und Österreich forschen in der Geschichte ihrer Heimatorte. Sie fördern teils unbekannte, teils verdrängte Tatsachen aus der NS-Zeit zu Tage und sprechen darüber mit Zeitzeugen. Und dann erstellen sie eine eigene Zeitung zu ihren Forschungsergebnissen. Das ist das Projekt „step 21“, es besteht seit zehn Jahren. Die Ergebnisse der dritten Forschungsrunde wurden am Dienstag bei einem Festakt in Berlin der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel präsentiert.
„Wir kommen aus Brno / Brünn, der zweitgrößten Stadt der Tschechischen Republik. Wir sind 18 oder 19 Jahre alt und besuchen gemeinsam das deutsche Landesgymnasium. Wir haben uns mit der Geschichte des Kaunitz-Kollegs beschäftigt.“
Mit verteilten Sprachrollen und mit einem ausgefeilten Konzept – so haben 70 Jugendliche aus den vier Ländern am Dienstag in Berlin ihre Arbeit von mehreren Monaten vorgestellt. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm sich trotz des Wahlkampfes in Deutschland eine Stunde Zeit. Dazu gehörte auch eine Podiumsdiskussion, bei der Merkel das Interesse der Jugendlichen an der Geschichte ihrer Heimatorte ausdrücklich lobte:
„Was ich faszinierend finde: Es ist nicht irgendwo auf der Welt, ganz weit weg, sondern immer in der unmittelbaren Heimat, wo man denkt, dass man fast schon alles weiß und hinterher herausfindet, dass man auf einiges noch nicht so geachtet hat“, sagte die deutsche Bundeskanzlerin.
Mit der Kanzlerin diskutieren durften vier Schüler – aus jedem Land einer. Für Jakub Kavánek aus dem nordböhmischen Liberec / Reichenberg ein besonderes Erlebnis:
„Sie hat gut geantwortet. Ich war anfangs sehr nervös, aber nach einer Zeit ging es. Zudem war der Moderator sehr gut.“
Seit November vergangenen Jahres hatten die Schüler in 15 Teams an ihren Themen im Rahmen des Projekts „step 21“ gearbeitet. Aus Tschechien waren drei Teams beteiligt. Sie beschäftigten sich mit dem Gestapo-Gefängnis im Brünner Kaunitz-Kolleg, der Propaganda und Realität in Nordwestböhmen nach dem Münchner Abkommen von 1938 sowie mit dem Brand der Synagoge im damaligen Reichenberg. Doch das Ziel waren Zeitungsbeiträge über die Forschungsergebnisse. Historiker und Journalisten betreuten die Jugendlichen:
„Übergreifend hatten die Teams am häufigsten das Problem, das Thema einzugrenzen. Sie wussten, worüber sie schreiben wollten, sie hatten recherchiert. Das aber journalistisch umzusetzen und auf einen Zeitungsartikel hinzutrimmen, war die größte Aufgabe“, so Armin Krahl, einer der Betreuer.
Nun ist eine Zeitung mit einer Auflage von 30.000 Stück entstanden. Die erste Leserin des dreisprachigen Blattes: Bundeskanzlerin Angela Merkel.