Justiz: Anzahl der Gefangenen in Tschechien nimmt weiter zu

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Einem Gefangenen in Tschechien steht eine stetige Bewegungsfläche von vier Quadratmetern zur Verfügung. Der europäische Standard gewährt zwei Quadratmeter mehr. Dies ist jedoch beileibe nicht das einzige Problem, mit dem sich die tschechische Justiz und deren Vollzugsanstalten derzeit herumschlagen müssen. Hören Sie dazu einen Bericht von Lothar Martin.

Das Ex-militärische Objekt bei Rapotice  (Foto: CTK)
In den 35 Haftanstalten der Tschechischen Republik verbüßen gegenwärtig rund 19.000 Täter ihre Strafen. Im September wurden exakt 19.003 Gefangene gezählt. Davon waren 1601 Ausländer. Das sind um 2790 mehr als noch im Jahr 2002 und ein deutliches Indiz dafür, dass mit dem wachsenden Wohlstand in Tschechien leider auch die Kriminalität in gewissem Maße zunimmt. Darüber hinaus haben 4500 Verurteilte aus verschiedenen Gründen ihre Haftstrafe nicht angetreten.

Aus der Statistik geht auch hervor, dass den Gefängnissen derzeit ca. 560 Plätze fehlen. Ein Defizit, das mit dem Umbau einer ehemaligen Raketenbasis der Tschechischen Armee in eine Vollzugsanstalt nun behoben werden soll. Das Ex-militärische Objekt steht in einem Waldgelände bei Rapotice unweit der mährischen Stadt Trebic. Das ist eine Region mit einer relativ hohen Arbeitslosigkeit, so dass es nach anfänglichen Ängsten und Bedenken der hiesigen Bevölkerung gelungen ist, diese auch von den Vorteilen eines hier entstehenden Gefängnisses zu überzeugen. Dazu erklärte der Direktor der Haftanstalten Brno/Brünn, Karel Schmeidler:

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"Ich denke, am Anfang waren Nervosität und Misstrauen groß gegenüber dem neuen Projekt. Wir haben daher eine öffentliche Diskussion im Gemeindeamt von Rapotice durchgeführt, bei der wir den Einwohnern erklärt haben, welche Kategorie von Gefangenen hier verwahrt werden soll. Darüber hinaus bieten wir den Einwohnern eine Anstellung im Gefängnis sowie Unternehmern die Möglichkeit an, Gefangene zu beschäftigen. Das ist eine Hilfe für die Region, und ich denke, die Mehrheit der Einwohner hat das begriffen und begrüßt heute das Ganze."

In dem neuen Gefängnis, das mit einer Fläche von 90 Hektar das größte in Tschechien sein wird, sollen ab Januar 2007 bis zu 600 Häftlinge untergebracht werden. Da es eine Haftanstalt mit strengerer Bewachung sein wird, werden auch 205 Arbeitsplätze geschaffen, von denen 92 von den Bediensteten der Anstalt eingenommen werden. Die ersten 50 Gefangenen sollen bereits im September nächsten Jahres nach Rapotice kommen. Der Umbau des Projekts soll umgerechnet 3,6 Millionen Euro kosten.

Mit der Errichtung des neuen Gefängnisses sind die Probleme der tschechischen Justiz jedoch noch längst nicht gelöst. Einer Analyse über das Ansteigen der Kriminalität in Tschechien zufolge rechnet man in zwei Jahren bereits mit 21.000 Gefangenen, also einem weiteren Anstieg von 2000 Inhaftierten. Daher müssen auch die Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung der Kriminalität verstärkt werden, um der Entwicklung nicht ständig hinterher zu laufen.