Kampf gegen Krebs: Prävention ist cool!
Kateřina Vacková wurde vom Krebs fast aus dem Leben gerissen. Die junge Frau hat die Krankheit aber besiegt und hilft nun anderen dabei, einem vergleichbaren Schicksal zu entgehen. Dafür hat sie die NGO Loono gegründet, sie will junge Menschen für die Krebsprävention sensibilisieren.
„Meine Eltern waren beide Lehrer, und ich bin viel geschwommen in meiner Kindheit. Bevor es mit dem Sport aber ernst wurde, habe ich mich verletzt und musste meine Profi-Pläne begraben. An der Uni hatte ich dann sowieso keine Zeit mehr dafür, obwohl ich immer noch für das Fakultätsteam im Schwimmbecken war. Ich mache weiter gerne Sport.“
Nach der Schule studiert Kateřina Vacková Medizin. Und das Fachgebiet, das sie im Studium wählt, scheint aus heutiger Sicht fast wie ein Wink des Schicksals – es ist die Gynäkologie:
„Für mich ist das der wohl positivste Bereich in der Medizin. Vor allem, da man die Mütter dabei begleitet, wie sie den Höhepunkt ihres Frau-Seins erwarten. Das hat mir schon immer sehr gefallen. Ganz besonders gefällt mir, dass ich in diesen Momenten den Frauen beistehen und sie auf diesem Weg begleiten kann. Ich will ihnen das Erlebnis der Geburt so angenehm und sicher machen wie möglich. Mein Traum war es eigentlich, eine eigene Geburtsklinik aufzumachen.“
Mit 22 Jahren merkt die Studentin, dass mit ihrem Körper irgendwas nicht stimmt. Sie ist oft müde, hat Schwierigkeiten mit der Konzentration, und ihre Monatsblutung bleibt aus. Nach zahlreichen Untersuchungen ist die Diagnose klar: An einem ihrer Eierstöcke entdecken die Ärzte einen bösartigen Tumor. Glücklicherweise habe man den Krebs bei ihr früh genug entdeckt, meint Kateřina Vacková:„Natürlich hatte ich als Medizinstudentin einen etwas anderen Zugang zu der Krankheit. Aber es war gut, dass ich die ganzen Symptome nicht auf den Stress oder den Druck an der Uni geschoben habe. Nur weil ich pünktlich zum Arzt gegangen bin, sitze ich tatsächlich heute hier.“
Verständlich und mit Witz an ein ernstes Thema
Der Tumor kann komplett wegoperiert werden und Kateřina Vacková bleiben Bestrahlungen oder eine Chemotherapie erspart. Dennoch spielen sich für sie die Folgejahre zwischen onkologischen Untersuchungen und Prüfungen an der Uni ab. Sie habe natürlich viel geweint in der Zeit, doch der Wille zu leben sei stärker gewesen, meint sie. Irgendwann war der Krebs weg, und die junge Frau hat laut den Ärzten keine negativen Folgen zu erwarten. Sie sei stärker und positiver durch ihre Krankheit geworden, freut sich Kateřina Vacková. Gleichzeitig war ihr aber klar, dass sie etwas für die Menschen um sie herum machen muss:„Schon in der Zeit, als ich von meiner Krankheit erfahren habe, wollte ich Workshops zu dem Thema veranstalten. Ich wollte mich dabei vor allem auf Kinder konzentrieren, weniger auf Erwachsene. Einige Monate nach meiner Diagnose habe ich den ersten Workshop organisiert. Ich habe dazu eine Power-Point-Präsentation gemacht und meine Eltern, Kommilitonen sowie einige Facebook-Bekanntschaften eingeladen. So habe ich dann vor 30 Leuten ein Referat über bestimmte Organe und mögliche Krankheiten gehalten. Daraus hat sich das alles entwickelt.“
Später kamen weitere Jungärzte dazu, und das Interesse am Projekt von Kateřina Vacková wurde größer. Dabei gab es vor allem ein großes Ziel:„Wir wollten, dass vor allem junge Leute stolz auf ihren gesunden Lebensstil sein sollten. Dazu brauchten wir schlagkräftige Slogans, die man sich auch aufs T-Shirt drucken kann. So ist unter anderem später der Hashtag #prsakoule entstanden. Provozieren wollten wir damit nicht, es sollte einfach nur meine Generation begeistern.“
#Prsakoule heißt übersetzt so viel wie #BrüsteEier und soll auf die für Krebs anfälligsten Organe bei jungen Leuten aufmerksam machen. In der Anfangsphase des Projekts stießen PR-Leute und Organisatoren zur Gruppe, und es entstand eine richtige NGO. Diese bringt seitdem Schülern und Studenten die Krebsprävention näher. Als Name wurde Loono gewählt – das bedeutet so viel wie Schoß:
„Unser Name soll den Menschen Sicherheit vermitteln. Also eine Art Raum, in dem Menschen ohne Angst über ihre Gesundheit reden können. Wir wollen bei unseren Workshops ein Umfeld schaffen, ob nun in Firmen oder Schulen, in dem Leute ohne Furcht ihre Hand heben und Fragen zu ihrer Gesundheit stellen können. Das erfordert Mut, denn man fragt in aller Öffentlichkeit vor rund 50 Leuten pro Workshop ganz intime Dinge. Bei uns klappt das aber, denn die Teilnehmer glauben den jungen Ärzten und auch unserer Marke. Sie vertrauen uns, dass wir ihre Probleme niemandem weitersagen, und reden mit uns über Dinge, die sie sich nicht einmal ihren Ärzten anvertrauen würden.“Bei Loono ist besonders eine Sache wichtig: Die jungen Mediziner wollen von Schülern und Studenten schlicht verstanden werden. Auf medizinische Fachbegriffe will Kateřina Vacková möglichst verzichten:
„Von Anfang an verfolge ich einen Gedanken, dass alles möglichst einfach gestaltet sein muss. Und noch dazu offen, positiv und gut verständlich.“Aus einer Power-Point-Präsentation ist mittlerweile ein Projekt mit Schlagkraft geworden und für Kateřina Vacková ein neuer Hauptberuf. Man kennt Loono in Tschechien, und die Präventions-Workshops sind sehr gut besucht. Auch sieht man auf den Straßen Prags und weiterer Städte hierzulande immer öfter Menschen mit T-Shirts und Badges der NGO. Die Gründerin selbst wurde durch Loono ins Rampenlicht katapultiert, sogar die Zeitschrift „Forbes“ ist auf Kateřina Vacková aufmerksam geworden. Die Tschechien-Ausgabe des Finanzblattes kürte sie zu einer der wichtigsten Personen unter 30 Jahren hierzulande. Und die Pläne für dieses Jahr zeigen, dass es schon längst nicht mehr nur um den Krebs geht:
„In diesem Jahr planen wir den Start unserer dritten Kampagne. Dabei geht es um Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane. Dabei wollen wir Themen wie Fruchtbarkeit, Impfungen und Verhütung besprechen.“Auch die Eltern begeistern
Veranstaltungen von Loono finden derzeit hauptsächlich in Prag statt. Man wolle aber schnell expandieren, erklärt Kateřina Vacková:
„Derzeit sind wir noch an die Universitätsstädte gebunden, weil wir ja eng mit den medizinischen Fakultäten zusammenarbeiten. Bald wollen wir aber auch in den kleineren Großstädten dauerhaft präsent sein, zum Beispiel in Pardubice. Für uns ist sehr wichtig, dass wir viel mehr in die Regionen fahren. Ich bin froh, dass wir schon Workshops zum Beispiel in meiner Heimatstadt Most, in Louny, Strakonice oder Náchod hatten. Leider reichen unsere Kapazitäten aber lange noch nicht, um wirklich überall zu sein.“
Ihrer Erfahrung nach werde ihre Arbeit in der Provinz sogar viel positiver wahrgenommen, erklärt Vacková. Das liege vor allem daran, dass Menschen auf dem Dorf nicht denselben Zugang zu Spezialisten hätten wie die Städter.
Doch Loono will seine Zielgruppe noch in eine andere Richtung erweitern, denn immer mehr ältere Menschen finden Gefallen an der Aufklärungsarbeit. Mittlerweile bietet die NGO auch Firmenworkshops an, die gerade auf die Altersgruppe 40 oder 50 Plus abzielen. Dass das Interesse auch bei der Elterngeneration der eigentlichen Zielgruppe so groß ist, hat laut Kateřina Vacková einen ganz bestimmten Grund:„Wir haben bei unserer Arbeit einen interessanten Effekt beobachtet, und zwar dass die Kinder ihre Eltern beeinflussen bei der Prävention. Die Eltern wollen nämlich immer genauso cool sein wie ihre Töchter und Söhne. Das sehe ich auch bei mir selbst, denn meine Mutter und mein Vater tragen die T-Shirts mit Aufschriften von Loono genauso begeistert wie ich. Mittlerweile passiert es häufiger, dass sich Menschen aus der Elterngeneration mit irgendeiner körperlichen Veränderung bei uns melden, gerade weil sie von ihren Kindern von uns gehört haben.“
Kateřina Vacková freut es, dass ihre Arbeit ankommt. Trotzdem ärgern sie viele Gesundheits-Mythen, die immer wieder in Umlauf sind. Im Großen und Ganzen gilt aber:„Ja, wir sind cool. Bei unserer Arbeit hilft uns auch die allgemeine Stimmung in der Gesellschaft, denn die Menschen kümmern sich mehr um sich selbst. Die Leute machen mehr Sport, an jeder Ecke gibt es mittlerweile eine Salatbar, und überall kann man sich frischgepresste Säfte und Smoothies kaufen. Das ist auch in kleineren Städten so. Ich glaube, wir sind gerade zur rechten Zeit gekommen.“