Kapsch AG soll Lkw-Mautsystem drei weitere Jahre in Tschechien betreiben

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag

Vor einer Woche schien die Lkw-Maut noch das neue Streitthema in der Koalition zu werden, am Montag aber hat die Regierung entschieden: Der Vertrag mit dem Betreiber des Mautsystems, der österreichischen Kapsch AG, wird um drei Jahre verlängert. Damit kann weiterhin reibungslos eine Maut für Fahrzeuge mit über 3,5 Tonnen Nutzlast in Tschechien erhoben werden. Doch längst nicht alle Probleme sind schon vom Tisch.

Dan Ťok  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Der bisherige Zehn-Jahres-Vertrag mit der Firma Kapsch läuft zum Jahresende aus. Zur nahtlosen Fortsetzung der elektronischen Mauterfassung hätte es eine öffentliche Ausschreibung zur erneuten Auftragsvergabe geben müssen. Sie entfällt aber aus zwei Gründen: Die Zeit ist zu knapp, und – so Verkehrsminister Dan Ťok (Partei Ano) – sein Ressort sei nicht imstande, eine solche Ausschreibung technisch einwandfrei in die Wege zu leiten. Deshalb soll die Kapsch AG das von ihr bevorzugte Mikrowellensystem vorerst weiter betreiben, entschied die Regierung. Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten):

„Das ist keine automatische Fortsetzung des Vertrags, sondern dessen Verlängerung um maximal drei Jahre. Innerhalb dieser Zeit wird eine Ausschreibung durchgeführt zur Bestimmung eines neuen Betreibers des Mautsystems.“

Dazu müssen sich die Experten des Verkehrsressorts sehr schnell, spätestens aber bis Mitte 2017, mit dem elektronischen Mautsystem vertraut machen. Dass es überhaupt zu diesem Dilemma kam, kritisiert Verkehrsexperte Pavel Přibyl von der Technischen Universität (ČVUT) in Prag:

Pavel Přibyl  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„So wie ich das sehe, hat der Staat den groben Fehler gemacht, dass er keine Experten für das Mautsystem rekrutiert hat. Man hätte beispielsweise IT-Fachleute anheuern können, die sich allmählich in das System eingearbeitet hätten.“

In den zehn Jahren des auslaufenden Vertrages mit der Firma Kapsch aber habe es das Verkehrsministerium nicht verstanden, sich einen detaillierten Einblick in die europaweit genutzten Mautsysteme zu verschaffen, sagt Přibyl. Das lag auch daran, dass die Minister dauernd gewechselt haben. So sei Ressortchef Aleš Řebíček im Jahr 2008 bereits bestrebt gewesen, dass Kapsch das Mautsystem auch für die Konkurrenz öffne. Auf der Basis eines Vertrages habe Kapsch dann tatsächlich den Versuchsballon für eine mögliche Einführung eines satellitengestützten Systems gestartet. Ein Nachfolger von Řebíček aber habe diesen Versuch schon 2010 beendet. Laut Přibyl muss das Ministerium aber selbst entscheiden können, welches Mautsystem hierzulande angewandt werden soll:

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
„Man kann sehr wohl eine technisch-ökonomische Bewertung vornehmen. Das ist auch nötig, denn die Technologien entwickeln sich unaufhörlich weiter. Persönlich bin ich der Meinung, dass das Mikrowellensystem für unser Straßennetz derzeit das Beste ist.“

Bevor das Verkehrsressort in einiger Zeit selbst über das künftige Mautsystem entscheidet, muss es sich möglicherweise aber noch mit Klagen aus den Reihen der Opposition und des Kapsch-Konkurrenten SkyToll auseinandersetzen. Sie halten die Vertragsverlängerung mit Kapsch nämlich für ungesetzlich. In der Regierung ist die Ministerin für Regionalentwicklung, Karla Šlechtová (Ano), für rechtliche Fragen zur staatlichen Auftragsvergabe zuständig.

Jan Skopeček  (Foto: Archiv ODS)
„Ich gebe einzig die Erklärung ab, dass die Begründung für den betreffenden Auftrag im Einklang mit dem Gesetz steht“, sagte Šlechtová am Montag.

Der Wirtschaftsexperte der Bürgerdemokraten, Jan Skopeček, aber sieht weiterhin darin ein Problem, dass die Regierung nicht auf Grundlage einer Ausschreibung entschieden hat:

„Es ist zu befürchten, dass dieses Vorgehen vom Kartellamt gestoppt wird und damit vorerst überhaupt keine Maut in Tschechien erhoben wird.“

Ob sich diese Befürchtung bestätigt oder nicht, werden die kommenden Wochen oder Monate zeigen.