Neuer Koalitionsstreit: Ťok will Lkw-Maut-Erfassung mit Firma Kapsch fortsetzen
Knapp zehn Milliarden Kronen (ca. 360 Millionen Euro) nahm der tschechische Staat im vergangenen Jahr aus der Lkw-Maut ein. Auch in diesem Jahr werden die Einnahmen ähnlich hoch sein. Doch ab Januar besteht die Gefahr, dass diese Quelle versiegen könnte. Der Zehn-Jahres-Vertrag mit der österreichischen Firma Kapsch, die das elektronische Mautsystem hierzulande im Jahr 2007 eingeführt hat, läuft nämlich aus. Und wie es danach weitergehen sollte, darüber ist nun ein Streit in der Koalition ausgebrochen.
„Es ist zu befürchten, dass wir die Lkw-Maut ab dem 1. Januar nächsten Jahres nicht mehr kassieren können. Wir möchten daher Antworten auf grundlegende Fragen: Hält das Verkehrsministerium eine Alternative parat wie beispielsweise eine Mautvignette in Form eines Aufklebers? Oder will man eine Sonderregelung per Gesetz herbeiführen?“
Die Kritik des Innenministers basiert auf der Tatsache, dass es ein halbes Jahr vor dem Ablauf des Vertrages mit der Firma Kapsch keine fortführende Regelung über den technischen Betrieb des Maut-Kontrollsystems gibt. Also keine Ausschreibung darüber, wer das System ab Januar weiterbetreiben soll und zu welchen Konditionen. Die Frist für eine ordentliche Ausschreibung einer entsprechenden Auftragsvergabe ist längst verstrichen. So hatte Verkehrsminister Dan Ťok (Partei Ano) im Mai verlauten lassen, dass einzig die Kapsch AG dazu imstande sei, die auf der Basis eines Mikrowellensystems geführte Mautkontrolle weiterzuführen. Den auslaufenden Vertrag aber ohne weiteres zu verlängern, ist laut Chovanec gesetzeswidrig. Zuerst müsse eine Ausschreibung für einen neuen Betreiber erfolgen, dies belegten auch drei unabhängig voneinander getroffene Standpunkte dreier Regierungskommissionen, so der Sozialdemokrat. Verkehrsminister Ťok wehrt sich gegen den Vorwurf, sich in dieser Angelegenheit auf illegalem Terrain zu bewegen. Im Mai habe er schließlich zwei Gutachten vorgelegt, in denen eindeutig festgestellt werde, dass es in absehbarer Zeit nicht möglich sei, den technischen Betrieb des Maut-Kontrollsystems einer anderen Firma zu übertragen.„Der Grund dafür ist ganz simpel: Der Vertrag mit Kapsch wurde im Jahr 2006 so unvorteilhaft ausgearbeitet, dass wir einfach nicht in der Lage sind, eine neue Ausschreibung zu machen. Das habe ich schon mehrfach gesagt, und das belegen auch die dazu angefertigten Gutachten.“
Und auch den Vorwurf, er habe es in seiner 19-monatigen Amtszeit versäumt, die Aufgabe des neuen Mautvertrags rechtzeitig anzugehen, weist Ťok von sich:
„Unser Ministerium arbeitete und arbeitet sehr intensiv daran, dass wir eine neutrale Ausschreibung zur Weiterführung des Mautkontrollsystems durchführen können. Aber wie wollen Sie eine solche Ausschreibung realisieren, wenn Sie nicht über die grundlegenden Parameter dafür verfügen? Sie sind in den Händen des jetzigen Betreibers, von daher können wir von Seiten des Ministeriums keine Beschreibung zum Auftrag machen.“Mit anderen Worten: Über das gesamte Knowhow der elektronischen Erfassung der Lkw-Maut verfügt einzig und allein die Kapsch AG. Deshalb hat der Ano-Politiker Ťok nun vorgeschlagen, mit der österreichischen Firma eine neuen Vertrag über weitere drei Jahre abzuschließen. Dies allerdings mit der Vorgabe, dass sein Ressort in die Belange des Mautsystems eingewiesen werde, um spätestens nach drei Jahren den nächsten Auftrag schon selbst ausschreiben zu können. Ob die Sozialdemokraten und die Christdemokraten als Koalitionspartner dabei mitziehen, bleibt indes abzuwarten. Allein die Tatsache, dass der größte Kritiker seiner Pläne Innenminister Chovanec sei, bewertet Ťok vielmehr als eine Art Retourkutsche. Und zwar auf die Kritik der Ano-Partei an der von Chovanec durchgedrückten Polizeireform. Daher reagierte Ťok auf den erneuten Streit in der Koalition auch mit den Worten:
„Hier liegt das Bestreben vor, ein Wahlkampfthema zu finden.“