Kardinal Vlk: In den schwierigen Zeiten fand ich meine Priesteridentität

Kardinal Miloslav Vlk, Foto:CTK

Einen Tag nach seinem 70. Geburtstag - am Samstagvormittag - zelebrierte der Prager Erzbischof, Kardinal Miloslav Vlk, im St. Veitsdom auf der Prager Burg einen Festgottesdienst, an dem zahlreiche Persönlichkeiten der tschechischen Gesellschaft sowie Gäste aus dem Ausland teilnahmen. Nach der Messe fand ein Treffen mit dem Jubilar im Garten des Erzbischöflichen Palastes statt. Unter den Gratulanten war auch Präsident Vaclav Havel.

Kardinal Miloslav Vlk,  Foto:CTK
Miloslav Vlks Priesterlaufbahn war kompliziert. Während der Zeit des kommunistischen Regimes musste er in den 50er Jahren warten, bevor er Archivwesen studieren durfte. Einige Jahre lang arbeitete er als Archivar, bevor er mit dem Theologiestudium begann. 1968 wurde er zum Priester geweiht. Während der Zeit der sogenannten "Normalisierung" wurde ihm verboten, den Priesterberuf auszuüben. Elf Jahre lang arbeitete er in verschiedenen Zivilbereichen - u.a. als Fensterputzer. Martina Schneibergova fragte Kardinal Miloslav Vlk, wie er heute auf die langen Etappen des Wartens zurückblickt:

"Man kann so lange warten und ausdauern nur - meiner Meinung nach - aus dem tiefen Glauben. Wenn man glaubt, dass die Zeit, in der Halt Gottes ist, dann kann man mit einer bestimmten Anstrengung auch lange warten, und zwar menschlich ist es nicht angenehm und man muss immer kämpfen - um die Hoffnung, um die Sicherheit - ja, es kommt einmal der Tag. Ich habe in diesem Stil gewartet und mein Glaube ist fester geworden, als der Tag kam."

Wenn Sie jetzt zurückblicken und Ihre Erfahrungen, als Fensterputzer oder vorher als Archivar mit den Erfahrungen der Priester vergleichen, die nie einen Zivilberuf hatten?

"Diese Zeiten waren für mein Leben am wertvollsten, weil ich damals meine eigene neue Priesteridentität fand - und ich fand diese Identität unter dem kreuz, das bedeutet - mit der Verfolgung, mit den schwierigen Zeiten bin ich mir dessen bewusst geworden, dass man Priester wird unter dem Kreuz. Jesus ist hoher Priester geworden auf dem Kreuz."

Nach der Wende wurde Miloslav Vlk zum Bischof von Ceske Budejovice/Budweis und bereits ein Jahr später zum Prager Erzbischof ernannt. In den Jahren 1991-2000 stand er an der Spitze der Tschechischen Bischofskonferenz und in den Jahren 1993-2001 an der Spitze des Rates europäischer Bischofskonferenzen. 1994 wurde Miloslav Vlk zum Kardinal ernannt. Das komplette Interview mit Kardinal Vlk, in dem er u.a. auch auf die tschechisch-deutschen Beziehungen eingeht, bringen wir in der nächsten Ausgabe unserer Sendereihe "Begegnungen" am Donnerstag.