„Katzendreck“ macht Kopfschmerzen - Sachsen protestiert gegen Industrieabgase aus Nordböhmen

Foto: Juan de Vojníkov, Wikimedia CC BY-SA 3.0

Die Beschwerden gibt es schon seit Jahren. Doch im Winter wird die Lage besonders schlimm. Dann nämlich weht der „Böhmische Wind“ Abgase ins Erzgebirge, die fast unerträglich stinken und die Gesundheit belasten. Schuld an der schlechten Luft ist das Industrie- und Braunkohlerevier im Norden Tschechiens. Nach jahrelangen erfolglosen Protesten der Anwohner wollen sich die deutschen und die tschechischen Behörden nun erneut zusammensetzen.

Chemiekomplex in Litvínov  (Foto: Juan de Vojníkov,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Betroffen von den Schadstoffen in der Luft sind ganze Landstriche im Vogtland und im Erzgebirge. Die Gemeinde Olbernhau liegt direkt an der tschechischen Grenze, keine halbe Stunde entfernt vom Chemiekomplex im nordböhmischen Litvínov / Oberleutensdorf. Besonders stark auf die Emissionen reagieren Kinder. Anja Bendel ist Kindergärtnerin in Olbernhau.

„Oftmals klagen die Kinder über Kopfschmerzen. Teilweise ist ihnen schlecht, sie müssen erbrechen oder haben Bauchschmerzen. Es ist wirklich auffällig, dass die Kinder häufiger krank sind, wenn der Wind aus Böhmen kommt.“

Olbernhau  (Foto: Norbert Kaiser,  Wikimedia CC BY-SA 2.0)
Das Leben mit der schlechten Luft ist in Olbernhau bereits zur traurigen Normalität geworden.

„Es gehört hier schon mit dazu. In anderen Gebieten ist es aber teilweise wesentlich schlimmer. Wenn sie tiefer gelegen sind, und die Luft so hineinkriecht. Ich kenne Ortschaften, in denen jeder Zweite krank ist, sobald sich die böhmische Luft ankündigt.“

Böhmische Luft, dass ist der harmlose Ausdruck. Hartmut Tanneberger ist Vorsitzender der Bürgerinitiative „Für Saubere Luft im Erzgebirge“.

Hartmut Tanneberger  (Foto: Archiv der SPD-Grüne-Fraktion im Kreistag des Erzgebirgskreises)
„Das Wort Katzendreck hat sich eingebürgert, weil es früher permanent nach Katzen gerochen hat. In den letzten Jahren hat sich das geändert. Nun treten hier eher chemische Gerüche auf. Aber bei der Bevölkerung hat sich das eingebürgert. Dabei sind es chemische Gerüche, die von der Bevölkerung wahrgenommen werden.“

Es sei nicht nur zu riechen, dass etwas nicht stimme, sagt Hartmut Tanneberger. Vor allem im Winter, bei Inversionswetterlage, zeichneten sich oft dicke Rußwolken am Himmel ab. Mehrere Bürgerinitiativen machen schon seit Jahren auf die Belastung aufmerksam. Doch die Luft ist nicht besser geworden. Die tschechische Umweltinspektion hat in diesem Jahr schon 13 Beschwerden von deutscher Seite erhalten. Leiter der Inspektion ist Erik Geuss.

„Dieser sogenannte Katzendreck, wie die Leute dazu sagen, der liegt tatsächlich in der Luft. Das ist einfach eine Tatsache. Und er ist alles andere als angenehm. Aber das große Problem ist es herauszufinden, wie dieser Gestank eigentlich entstehen kann, damit wir Maßnahmen ergreifen können.“

Erik Geuss  (Foto: Archiv der tschechischen Umweltinspektion)
Die Umweltinspektion hat Untersuchungen der möglichen Schadstoffquellen durchgeführt. Doch bislang ohne Ergebnis. Erik Geuss:

„Wir wissen, dass beispielsweise die Firma A diese und jene Stoffe ausstößt, und die Firmen B und C wiederum andere Emissionen haben. Doch alle liegen unter den festgesetzten Normen und stimmen mit den europäischen Vorschriften überein. Dennoch vermischen sich diese Emissionen unter bestimmten Bedingungen in der Luft. Es ist schon fast Detektivarbeit herauszufinden, woher dieser Gestank eigentlich kommt.“

Richard Brabec  (Foto: ČT24)
Auf deutscher Seite ist derzeit eine Studie in Vorbereitung, die untersuchen soll, ob die Emissionen im Erzgebirge tatsächlich krank machen. Die tschechischen Behörden haben ihre Zusammenarbeit zugesichert. Bei einem Treffen zwischen dem tschechischen Umweltminister Richard Brabec und seinem sächsischen Amtskollegen Thomas Schmidt in der nächsten Woche soll der Katzendreck ebenfalls zur Sprache kommen.