Ziel Dekarbonisierung: Energiekonzern ČEZ will mit Milliardensumme Kohlekraftwerke umbauen
Bis 2030 sollen die tschechischen Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Deswegen beginnen die Betreiber, diese Anlagen umzubauen. Der halbstaatliche Energiekonzern ČEZ hat nun sein entsprechendes Projekt vorgestellt.
80 Milliarden Kronen (3,2 Milliarden Euro) – das ist die Summe, die der Energiekonzern ČEZ in den kommenden fünf Jahren in die Umrüstung seiner Kohlekraftwerke investieren will. Das größte Unternehmen der tschechischen Energiebranche hat seine Pläne vor kurzem in Prag bei einem Fachtreffen vorgestellt.
Martin Sedlák ist Programmdirektor des Verbandes moderner Energiewirtschaft (Svaz moderní energetiky). In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks merkte er zu den Plänen an:
„Wir arbeiten im Rahmen unseres Verbandes sehr eng mit ČEZ an der Dekarbonisierung der tschechischen Wärmeversorgung zusammen. Bis 2030 soll die Kohle als Energieträger hierzulande sowohl aus der Strom- als auch Wärmeproduktion verschwinden. Da ist es gut, sich schon heute darauf strategisch vorzubereiten.“
Laut dem Projekt „Fakta o klimatu“ (Fakten über das Klima) werden derzeit noch 50 Prozent der Wärmeenergie und 40 Prozent des Stroms in Tschechien in Kohlekraftwerken gewonnen. Die größten Anlagen betreibt eben gerade ČEZ sowie die Holding Sev.en des Milliardärs Pavel Tykač. Und die Kraftwerke stehen relativ konzentriert vor allem in den beiden Kohlerevieren Nordböhmen und Nordmähren, wo die Luft häufig schlecht ist.
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Die Strategie von ČEZ sieht vor, bis 2030 auf jeden Fall bei der Wärme auf Kohle zu verzichten und spätestens bis 2033 auch beim Strom. Tatsächlich produzieren acht der neun Anlagen des Energiekonzerns beides, das heißt sie bieten Kraft-Wärme-Kopplung. Auf dem Weg zur Dekarbonisierung soll auch auf Erdgas umgeschwenkt werden. Das sei an einigen Standorten unausweichlich, gesteht Sedlák und fährt fort:
„Zugleich muss man bereits die weiteren Lösungen ins Auge fassen. Das ist unter anderem die Renovierung von Gebäuden, mit der die Energieeffizienz deutlich erhöht werden kann. Örtlich sind auch Wärmepumpen sinnvoll. Außerdem könnten etwa die Überschüsse aus der Produktion regenerativer Energie saisonal für die Wärmegewinnung genutzt werden.“
Wie der Programmdirektor betont, reduziere bereits der Einsatz von Erdgas anstatt Kohle die CO2-Emissionen am jeweiligen Standort. Denn dadurch sinkt der Ausstoß des Treibhausgases um 50 bis 70 Prozent. Kommt zudem noch Biomasse zum Einsatz, verringern sich die Werte noch weiter. Wie zum Beispiel in Dětmarovice im schlesischen Teil des Landes. Dort soll bis im Frühling dieses Jahres die Modernisierung des Kraftwerks abgeschlossen sein. Laut den Berechnungen von ČEZ dürfte sich dann der Ausstoß von CO2, Schwefel, Stickstoff und festen Schadstoffen um bis zu 97 Prozent reduzieren.
Das weitere Ziel ist jedoch, möglichst viel Erdgas durch ökologischere Energieträger zu ersetzen. Entsprechende Investitionen plant der Konzern aber vor allem erst im kommenden Jahrzehnt. Denn bisher ist vieles noch Zukunftsmusik, an der aber laut Martin Sedlák schon jetzt gearbeitet wird.
„So hat das Umweltministerium diese Woche ein Förderprogramm veröffentlicht für die Produktion von Ökogasen wie zum Beispiel grünen Wasserstoff. Ebenso ließe sich in Tschechien Biomethan herstellen. Die Interessensvereinigung CZ Biom sieht hierzulande das Potenzial für bis zu 1,2 Milliarden Kubikmeter Biomethan im Jahr, das eben Erdgas ersetzen könnte“, sagt der Programmdirektor.
Im Sommer vergangenen Jahres wurde in Tschechien der erste Elektrolyseur in Betrieb genommen, der Wasserstoff aus Solarstrom produziert. Er steht in der Kleinstadt Napajedla im Südosten des Landes. Bisher wird der Wasserstoff aber als Ersatz für Benzin und Diesel, nicht jedoch für die Stromproduktion genutzt.
Für Investitionen in die Wasserstofftechnik, aber auch allgemein für den Umbau der Kohlekraftwerke stehen Tschechien bis zu 500 Milliarden Kronen (knapp 20 Milliarden Euro) aus EU-Mitteln zur Verfügung. Das Geld stammt aus dem Modernisierungsfonds. Dieser Topf wurde gefüllt, um EU-Staaten mit niedrigem Durchschnittseinkommen dabei zu unterstützen, klimaneutral zu werden. Und auch ČEZ nutzt die Gelder bereits – zum Beispiel um das Kohlekraftwerk im mittelböhmischen Mělník in ein Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk umzuwandeln. Dafür hat der Konzern 308 Millionen Euro aus dem Fonds erhalten.