„Kauft tschechische Produkte“ – Landwirtschaftsminister Bendl zur Lebensmittelqualität

Foto: Archiv Radio Prag

Tschechische Lebensmittelkontrolleure hatten in den vergangenen Monaten viel zu tun. Erst mussten sie polnische Produkte überprüfen, die angeblich gefährliches Industriesalz enthielten. Zwar ließ sich nichts nachweisen, aber Tschechien hält seitdem Polen vor, Lebensmittelskandale zu vertuschen. Denn dort wurde schon vor über zehn Jahren bekannt, dass Industriesalz immer wieder in Nahrungsmittel gelangt. Und in diesem Jahr kam dann der Skandal um Pferdefleisch hinzu, das als Rindfleisch ins Land eingeführt worden war. Der tschechische Landwirtschaftsminister Petr Bendl hat daher im Hauptnachrichtensender des Tschechischen Rundfunks über die Lebensmittelqualität in Tschechien gesprochen. Wir haben die interessantesten Antworten zusammengestellt.

Petr Bendl  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der tschechische Landwirtschaftsminister Petr Bendl ist schon eine Weile nicht sonderlich gut auf Polen zu sprechen. Im Interview erläutert er, warum:

„Uns quält allgemein schon längere Zeit, dass der Informationsfluss zwischen unseren beiden Ländern verbessert werden müsste. Das heißt, zwischen unseren und den polnischen Aufsichtsbehörden. Das war am problematischsten im Fall um das polnische Salz. Wir haben aus Warschau keine Informationen erhalten, in welche Lebensmittel das Industriesalz geraten und wo das geschehen sein könnte. Die hätten wir aber gebraucht, um bestimmte Chargen von Lebensmitteln kontrollieren zu können. Insgesamt denke ich, dass aus Polen sowohl gute Lebensmittel eingeführt werden als auch leider, gemäß unseren Erfahrungen, schlechte. Deswegen müssen wir die Vorschriften für Lebensmittelqualität mit denen aus Polen vergleichen. Und wir brauchen ein System, bei dem wir uns gegenseitig besser und schneller über Probleme mit Lebensmitteln informieren, damit die Aufsichtsbehörden aktiv werden können. So gehen wir vor. Wenn bei uns Waren mit nicht ausreichender Qualität entdeckt werden, dann geben wir das an das europäische Schnellwarnsystem RASFF weiter, damit auch die Behörden in den anderen EU-Ländern die entsprechenden Informationen erhalten.“

Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski spricht allerdings von einer Kampagne in Tschechien gegen polnische Lebensmittel. Dies sagte er in einem Interview für die tschechische Wochenzeitung Respekt. Bendl weist solche Anschuldigungen jedoch zurück:

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„Ich habe das Gespräch mit dem polnischen Außenminister gelesen, in dem er einige Zahlen aus der EU anführt. Er sagt, dass in Europa mehr Beschwerden über deutsche Lebensmittel bestehen als über polnische. Ich kann ihm Zahlen geben über die aus Polen importierten Lebensmittel – und die dürften leider nicht sehr angenehm für ihn sein. Letztlich entscheidet aber der Verbraucher, ob er lieber ein Produkt aus Polen oder etwa aus Tschechien kauft. Mein Ziel ist, und das sollte auch das meines polnischen Kollegen sein, dass nur Qualität in den Handel kommt und Verstöße dagegen bestraft werden.“

Im Februar brach dann der Skandal um Pferdefleisch aus. Der Landwirtschaftsminister sagt, man habe sofort reagiert.

„Wir haben die Information erhalten, dass auch hierzulande Pferdefleisch in Produkten sein könnte, in denen dies nicht gekennzeichnet ist. Unsere staatliche Veterinäraufsicht hat sich dann auf diese Produkte konzentriert, und auch allgemein auf Fleischprodukte, um einen weiteren Betrug am Verbraucher auszuschließen. Wir haben über 100 Proben genommen. In einigen fand sich Phenylbutazon, also ein Schmerzmittel, das Rennpferden verabreicht wird. Das darf natürlich in keinem Fall in Lebensmitteln auftauchen. Denn das Mittel beeinflusst die Blutbildung, so etwas gehört nicht in das Essen.“

Doch wie können die Verbraucher geschützt werden?

„Betrug lässt sich nie völlig ausschließen. Die Versuche, den Verbraucher zu täuschen, gab es, gibt es und ich fürchte, wird es auch weiter geben. Aber es ist eben Aufgabe der Behörden, die Qualität zu beaufsichtigen. Zudem müssen wir sicherstellen, dass sie im Falle eines Verstoßes genügend Rechtsmittel haben, gegen die Schuldigen vorzugehen. Unsere Kontrollen sind auf hohem Niveau. Ich denke, dass die Tschechische Republik im europäischen Vergleich einen hohen Standard bei Lebensmittelkontrollen hat.“

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Wenn es aber keinen sicheren Schutz gibt, was kann Petr Bendl dann den Verbrauchern empfehlen, um nicht hereingelegt zu werden? Der Minister hat zunächst einen privaten Rat:

„Ich kann nur sagen, wie ich es mache. Wenn ich Fleisch kaufe, gehe ich zu einem Metzger, den ich kenne und von dem ich weiß, dass er ehrlich ist. Als tschechischer Landwirtschaftsminister kann ich zudem nur raten: Kaufen Sie tschechische Produkte. Machen Sie alles, um die Herkunft der Produkte zu kennen, unter Umständen auch wer sie konkret hergestellt hat. Man muss sich besser auskennen. Unseren Informationen nach, und das beweisen auch die Umfragen, achten immer mehr Menschen in Tschechien darauf, was sie essen und woher die Lebensmittel kommen.“

Die scharfe Konkurrenz auf dem Lebensmittelmarkt drückt allerdings die Preise. Darf der Verbraucher überhaupt erwarten, dass er zu Dumpingpreisen noch Qualität auf den Tisch bekommt?

„Es ist völlig verständlich, dass jeder Verbraucher zu einem möglichst niedrigen Preis die höchstmögliche Qualität will. Von uns als Vertretern des Staates kann erwartet werden, dass keine schadhaften Produkte auf den Markt gelangen beziehungsweise ein solches Handeln dann bestraft wird. Ob der Verbraucher noch bessere Lebensmittel zu einem höheren Preis kaufen möchte, ist allein seine Entscheidung. Denn Lebensmittel, die nicht der Qualität entsprechen, sollten erst gar nicht auf den Markt gelangen. Und dann sollte der Verbraucher natürlich zum Beispiel das Recht haben zu erfahren, wie hoch der Fleischanteil in einem Würstchen ist. Dann kann er sich entscheiden, ob er lieber das Würstchen mit dem höheren Anteil kauft und dafür die eine oder andere Krone mehr ausgibt, oder ob er mit geringerem Anteil auskommen will und dabei aber vielleicht spart.“

Im Übrigen findet Landwirtschaftsminister Bendl, dass weitere Aufklärungskampagnen überflüssig sind:

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„Wir müssen keine Aufklärungskampagne planen, weil wir diese schon längst führen. Wir tun ein Maximum, um den Menschen zu zeigen, dass in den tschechischen Regionen Lebensmittel von guter Qualität hergestellt werden. Wir unterstützen beispielsweise Bauernmärkte und haben ein Label für regionale Produkte eingeführt. Am bekanntesten ist sicher unsere Unterstützung für das Label ‚Klasa“. Das erhalten nur Lebensmittel, deren Qualität von Fachleuten überprüft wurde. So haben die Verbraucher den Nachweis direkt vor Augen.“

Autor: Till Janzer
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