Klang des Geschriebenen – Literarisches Hörlabyrinth unterm Kinsky-Palais
Dass Literatur nicht immer aus Büchern kommen muss, zeigt derzeit das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren. In seiner ersten Ausstellung lädt das noch junge Literaturhaus im Rahmen der gegenwärtigen Kafka-Borges Biennale in die historischen Kellergewölbe des Kinsky-Palais auf dem Altstädter Ring. Eine ungewöhnliche Klanginstallation präsentiert in den sonst verschlossenen Räumen die Stimmen der Prager deutschen Literatur.
Mit voluminösem Pathos rezitiert Franz Werfel eigene Gedichte – nur eine Station von einem guten Dutzend, die in den labyrinthartigen Kellern des Kinsky-Palais verteilt sind:
„Die Ausstellung heißt ´Klang des Geschriebenen – die Stimmen der Prager Deutschen Literatur´. Ziel ist, den Besuchern die Stimmen der Prager Literaten zu präsentieren. Wir haben hier Leseproben von dreizehn Autoren - soweit möglich mit den Originalstimmen, allerdings ist uns nicht bei allen Autoren gelungen, Tonaufnahmen zu finden. Deshalb mussten wir zum Teil auch andere Vortragende zurückgreifen – aber zu 60 Prozent sind es wirklich die authentischen Stimmen.“
So Literaturhaus-Leiterin Lucie Černohousová. Die Installation aus den minimalistischen Klangkugeln im Halbdunkel der Keller stammt von dem tschechisch-österreichischen Künstler Abbé Libanský:
„Ich habe versucht, einen Raum zu schaffen, in dem Mehrsprachigkeit wirken kann. Wir haben hier Texte auf Tschechisch und Deutsch und auch in Spanisch. Und ich habe mich bemüht, einen Raum zu schaffen, in dem einen beim Hereinkommen so ein babylonisches Gefühl überfällt. Es herrscht also zunächst eine leichte Sprachverwirrung, und dann kann man sich die einzelnen Texte aussuchen und wirklich richtig zuhören.“
Zuhören kann man so unter anderem bei Originalaufnahmen mit den Stimmen von Max Brod, Lenka Reinerová, Friedrich Torberg oder Johannes Urzidil. Und im Rahmen der von der Prager Kafka-Gesellschaft mit veranstalteten Biennale Kafka Borges ist auf Spanisch auch der große Argentinier Jorge Luis Borges vertreten. Die Beziehung zu Prag und Kafka liegt für den argentinischen Botschafter in Prag Juan Eduardo Fleming auf der Hand:
„Die Beziehung zwischen Kafka und Borges ist nicht nur eine intellektuelle, sondern vor allem eine emotionale. Borges´ berühmteste Geschichte ´Heimliche Wunder´ spielt hier in Prag in der Celetná-Gasse, und dabei ist Borges niemals in Prag gewesen. Aber er hat viele Sachen über Kafka geschrieben - ´Kafka und seine Vorgänger´, das ist ein sehr berühmtes Stück von Borges über Kafka“
Die Ausstellung „Klang des Geschriebenen“ ist noch bis zum 24. Mai in den Kellern des Kinsky-Palais auf dem Altstädter Ring zu sehen und vor allem zu hören.