Kopftuch-Gesetz und gleichgeschlechtliche Partnerschaften

Foto: Europäische Kommission

Auch am Freitag dem 13. - möge er Ihnen Glück bescheren, liebe Hörerinnen und Hörer - heißt es bei Radio Prag: Im Spiegel der Medien. Die Pressestimmen zum Kopftuch-Gesetz in Frankreich und zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft in Tschechien hat heute Daniel Satra für Sie zusammengetragen.

Foto: Europäische Kommission
In unserer heutigen Ausgabe werfen wir zu Beginn gemeinsam mit einigen tschechischen Kommentatoren einen Blick über die Landesgrenzen hinaus. Und zwar nach Frankreich. Dort hat das Parlament mit überwältigender Mehrheit für das Verbot islamischer Kopftücher an öffentlichen Schulen gestimmt.

Von der Seitenlinie beobachtet die Tschechische Republik das Kopftuch-Getümmel bei den europäischen Nachbarn, denn hierzulande hat dieses Thema noch keine Wellen geschlagen. Jetzt jedoch haben Kommentare das Kopftuch entdeckt und die Pros und Contras im Umgang mit religiöser Symbolik ins Auge gefasst. Die größte tschechische Tageszeitung Mlada Fronta Dnes lässt gleich drei Autoren zu Wort kommen um französische Kopfbedeckungen zu besprechen. Einer von ihnen, Viliam Buchert, meint, das Kopftuch-Verbot sei richtig:

"Der Aufschrei von Liberalen und Konservativen übersieht den breiteren Kontext, namentlich, dass die Franzosen sich entschieden haben gewisse Werte zu schützen, und nicht lediglich einzuschränken. Das Verbot betrifft nämlich tatsächlich nicht allein islamische Kopftücher, wie es manchmal scheint. Darüber hinaus gilt es nur für öffentliche Schulen und wird mit der Notwendigkeit begründet, dort einen säkularisierten Charakter aufrecht zu erhalten. Und das ist genau das, was die westlichen Gesellschaften (auch die tschechische) bevorzugen: Toleranz. Die muss man jedoch vollständig und von allen verlangen, ohne Ausnahmen."

Die Franzosen haben es also richtig gemacht. Sie schützen ihre wichtigsten Werte, indem sie diese anwenden, so das Argument. Anders als Viliam Buchert wendet sich Martin Komárek in derselben Zeitungsausgabe gegen das Verbot. Die Außenwirkung, die Botschaft des Kopftuch-Verbots steht für Komárek im Mittelpunkt. Wie geht der Westen mit den Freiheitsrechten seiner Bürger um, sei die entscheidende Frage. Denn die Welt lasse sich je nach dem Grad an Freiheit in einem Staat recht gut unterteilen. Komárek hat dabei vor allem Muslime im Sinn, wenn er schreibt:

"Die Franzosen haben einen ernsten Fehler begangen. Die Mullahs haben ein weiteres Argument: Die im Westen sind nicht nur vermodert. Sie beschneiden die Freiheit genauso wie wir. Wir wollen im Einklang mit der Religion, dass sich Frauen verhüllen. Sie verbieten es ihnen aus Hochmut und Böswilligkeit. Uns Muslimen halten sie unsere Intoleranz vor. Und das soll Toleranz sein?"

In der Tschechischen Republik spielt das islamische Kopftuch keine Rolle. Das sagte uns Hani Baloush von der Islamischen Stiftung in Brno/Brünn:

"Es gibt so wenige hier, das kann man nicht vergleichen mit Frankreich. In Frankreich leben Millionen Algerier und andere Ausländer. Hier in Tschechien hingegen lebt ein absolutes Minimum. Und die Mädchen, die hier leben, sind meist so jung, dass sie gar kein Kopftuch mehr tragen. Wenn jemand in der Universität auftaucht, also zum Beispiel eine Studentin aus dem Jemen oder aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, dann trägt sich auch ein Kopftuch. Bisher hat sie dafür hier niemand belangt. Die Menschen hier sind tolerant, ob es sich nun um die Regierung, die Gesetze oder einfach nur um unsere tschechischen Mitbürger handelt."

Das war Hani Baloush, Mitglied der Islamischen Stiftung in Tschechien.

Kommen wir nun zu unserem zweiten Thema: Bereits 1997 stand es das erste Mal im tschechischen Kabinett auf der Tagesordnung, das so genannte Gesetz zur registrierten Partnerschaft. Das Gesetz, das homosexuellen Partnern ermöglichen soll ihrer Lebensbeziehung einen rechtlichen und staatlich anerkannten Rahmen zu geben, ist vergangene Woche nach mehreren Anläufen erneut von den Ministern links liegen gelassen worden. Der Grund für den Rückzug Vladimir Spidlas, dem tschechischen Ministerpräsidenten, war nach Ansicht der Medien nicht moralischer Natur - Spidla befürwortet den Gesetzesvorschlag - sondern ein politischer Schachzug. Schließlich müsse er für den Zusammenhalt der Regierungskoalition seiner Sozialdemokraten mit der Freiheitsunion und den Christdemokraten sorgen. Denn die Christdemokraten schlagen regelmäßig laut Krach, wenn die Sprache auf die Anerkennung schwuler oder lesbischer Partnerschaften kommt. Und Krach wolle Spidla derzeit nicht riskieren, meint die linksliberale Tageszeitung Právo.

Trotz allem, die Kommentare der Tagespresse sind sich einig: eine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften muss her! So schreibt Jan Jandourek in der Mlada Fronta Dnes:

"Aus der Perspektive einer liberalen Gesellschaft gibt es keinen Grund, einer Minderheit, wie klein sie auch sein mag, nicht entgegen zu kommen, wenn das ihre Lebensqualität verbessert. Die Marginalität dieses Problems weckt zudem den Verdacht, dass dieses Thema den Kämpfern für Familienrechte nur als ein einfacher Vorwand dient, auf sich aufmerksam zu machen."

Die Christdemokraten nutzen den Gesetzesvorschlag also lediglich um sich in Familienfragen zu profilieren. Jandourek entlarvt die schwache Argumentation der Gesetzesgegner, wenn er schreibt:

"Die Gegner der registrierten Partnerschaft behaupten, dass die Gleichstellung von Partnerschaften gleichen Geschlechts die Stellung der Familie gefährden könne. (...) Die Tatsachen liegen jedoch anders. Wenn Menschen keine Eile damit haben zu heiraten oder Eltern zu werden, liegt das an der von ihnen gewählten Reihenfolge von Werten. Nicht wegen ihrer Sexualität, sondern wegen ihrer Berufskarriere. Denn für diese ist eine Familie nicht von Nöten, und Kinder bremsen die Karriere eher."

Martin Zverina merkt in der Lidové Noviny an:

"Der Gesetzesvorschlag, den das Justiz- und das Innenministerium gemeinsam ausgearbeitet haben, ist nicht einmal besonders liberal, er würde lediglich die 'technischen' Probleme des Zusammenlebens von Menschen gleichen Geschlechts lösen, und die Adoption zum Beispiel direkt verbieten."

In derselben Zeitung wendet sich auch der BBC-Redakteur Petr Fischer gegen das Aufbegehren der Christdemokraten. Fischer schreibt:

"Die Christdemokraten übersehen vor allem die Tatsachen. Es sieht fast so aus, als ob sie den Gesetzestext gar nicht gelesen hätten. Sonst könnten sie wohl kaum ständig das Mantra der Familie und ihrer tatsächlichen Gefährdung wiederholen. Die Teams der Minister Cermák und Gross haben eine minimale Variante der registrierten Partnerschaft ausgearbeitet, ohne den geringsten Hinweis auf Familienrechte und -pflichten. Homosexuelle Partner werden nicht einmal die Möglichkeit haben sich Besitz zu überschreiben, und von Sozialleistungen kann schon gar keine Rede sein."

Die Intoleranz der christdemokratischen Welt sei erschreckend und fundamentalistisch, so Fischer weiter.

Jirí Franek bringt die Minimal-Forderungen der tschechischen schwullesbischen Initiativen in seinem Právo-Kommentar auf den Punkt:

"Das einzige, was sie wollen, ist die Beendigung der offiziellen staatlichen Diskriminierung, die ihnen eines der selbstverständlichsten und menschlich gesehen der wichtigsten Bürger- und Menschenrechte abspricht."