Kopie des Münchner Abkommens wird neuerdings im Prager Senat aufbewahrt

Aleš Knížek (links) und Přemysl Sobotka (Foto: ČTK)

Am Dienstag ist zum ersten Male eine Kopie des deutschen Originals des Münchner Abkommens aus dem Jahr 1938 in Prag eingetroffen. Im Kolowrat-Palais, einem heutigen Teilgebäude des tschechischen Senats, ist sie von Historikern an den Senatsvorsitzenden Přemysl Sobotka übergeben worden. Und an diesem geschichtsträchtigen Ort wird sie in Zukunft auch aufbewahrt werden.

Aleš Knížek  (links) und Přemysl Sobotka  (Foto: ČTK)
„Mit ihm ist de facto die damalige Welt für die Tschechoslowakei zusammengebrochen“, fasst Sobotka die schwerwiegende Bedeutung jenes Dokuments zusammen, das auf seine Weise auch ein böser Vorbote des nur knapp ein Jahr später beginnenden Zweiten Weltkriegs war.

Die Rede ist von jenem Abkommen, das im tschechischen Sprachgebrauch allgemein auch als Münchner Diktat bezeichnet wird. Aus klarem Grund: Im Münchner Abkommen wurde seinerzeit die Abtretung des Sudetengebiets an das Deutsche Reich festgelegt. Das bedeutete: Die vier Großmächte hatten per Unterschrift besiegelt, dass die Tschechoslowakei ein Drittel ihres Territoriums, 40 Prozent ihrer Industrie und fast fünf Millionen Einwohner den Deutschen zu überlassen habe.

„Die Tschechoslowakei hatte aber nicht nur an Territorium und an Bevölkerung, sondern insbesondere eine große Illusion verloren“, betont der Historiker des Militärhistorischen Instituts in Prag, Jan Boris Uhlíř. Er verweist damit zugleich auf die große Enttäuschung, die man in der damaligen Tschechoslowakei gegenüber den Westmächten hatte. Kein Politiker des Landes war zu deren Verhandlungen geladen worden. Im Gegenteil: Erst im Grünen Salon des Kolowrat-Palais, dem tschechoslowakische Regierungssitz der Ersten und Zweiten Republik, sind die Minister des Beneš-Kabinetts mit dem Inhalt des niederschmetternden Dokuments in Kenntnis gesetzt worden. Anstelle einer Kopie des Abkommens bekamen sie jedoch nur eine Liste in die Hand gedrückt mit Forderungen, was die Tschechoslowakei ab jetzt zu tun habe.

Aleš Knížek  (links) und Přemysl Sobotka  (Foto: ČTK)

Heute, 70 Jahre nach den Ereignissen vom Herbst 1938, wollen der Senat, das Militärhistorische Institut und das Prager Nationalmuseum in einer gemeinsamen Sonderausstellung, an die schicksalhafte Zeit erinnern.

„Wir hatten uns eigentlich gewünscht, dass wir für diese Ausstellung ein historisches Original des Abkommens erhalten. Die deutsche Seite will aber bislang nicht darauf eingehen“, schildert Aleš Knížek, der Direktor des Militärhistorischen Instituts, die Bemühungen der Organisatoren, für eine möglichst einmalige Exposition zu sorgen. Die Kopie, die dort zu sehen sein wird, stammt übrigens aus dem Archiv des deutschen Bundesaußenministeriums. Nach Beendigung der Ausstellung wird die Kopie ihren festen Platz an historischer Stätte erhalten – im Grünen Salon des Kolowrat-Palais. Dort kann sie jeder Interessierte stets zu den Tagen der offenen Tür in Augenschein nehmen. Und auch er wird dann sicher feststellen: Das Dokument wurde in großen Lettern auf einer speziellen Schreibmaschine geschrieben. Der Grund war Hitlers Sehschwäche. Um sein Image zu wahren, hat sich Hitler nie als Brillenträger in der Öffentlichkeit gezeigt.

Die Ausstellung über die Erste Republik der Tschechoslowakei, in der auch die Kopie des Münchner Abkommens zu sehen ist, wird am 28. Oktober im Prager Nationalmuseum eröffnet.