Korruptionsverdacht gegen Umweltministerium stürzt Regierung in die Krise

Radek John, Petr Nečas, Miroslav Kalousek (Foto: ČTK)

Seit knapp einer Woche rutscht die Mitte-Rechts-Koalition von Premierminister Petr Nečas (ODS) immer weiter in die Krise, jeden Tag ein Stück mehr. Am vergangenen Mittwoch erklärte Umweltminister Pavel Drobil (ODS) seinen Rücktritt, diesen Dienstag muss sich das Drei-Parteien-Kabinett einem Misstrauensvotum im Abgeordnetenhaus stellen - Ausgang ungewiss. Ausgelöst hat die schwere Krise der mitllerweile gefeuerte Leiter des staatlichen Umweltfonds, der verdächtige Manipulationen an Ausschreibungen öffentlich gemacht hat.

Pavel Drobil,  Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Am vergangenen Dienstag machte die Tageszeitung „Mladá fronta dnes“ mit der Nachricht auf, im milliardenschweren staatlichen Umweltfonds seien öffentliche Ausschreibungen manipuliert worden. Offenbar sollten beträchtliche Summen zugunsten der Partei von Umweltminister Drobil, der Demokratischen Bürgerpartei ODS, abgezweigt werden. Nicht zuletzt, um dadurch den parteiinternen Aufstieg von Pavel Drobil abzusichern und zu beschleunigen. Eine weitere Causa in der langen Liste ähnlicher schmutziger Affären, die seit fast 20 Jahren die tschechische Öffentlichkeit mehr oder weniger erschüttern, so schien es zunächst. Doch diesmal gab es erstmals handfeste Beweise – in Form von heimlich angefertigten Tonaufnahmen. Und es war immerhin der Leiter der betroffenen Behörde selbst, der den Stein ins Rollen gebracht hat. Außerdem hatte Premier Petr Nečas im Sommer mit der Prämisse sein Amt angetreten, rasant gegen die Korruption vorzugehen. Umso überraschender war die Reaktion des Regierungschefs, nachdem die Causa öffentlich gemacht wurde:

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„Pavel Drobil hat mein volles Vertrauen. Ich halte ihn für einen ehrlichen und aufrichtigen Menschen. Ich bin überzeugt, dass er nichts Ungesetzliches oder Unmoralisches getan hat. Sein einziger Management-Fehler war, dass er seine Leute schlecht ausgewählt hat. Leute, die einen schlechten Charakter haben, was sich erst jetzt in vollem Umfang gezeigt hat.“

Nicht Minister Drobil habe versagt, sondern der von ihm mittlerweile gefeuerte Chef des staatlichen Umweltfonds, Libor Michálek. Er sei es schließlich gewesen, der die kompromittierenden Aufnahmen öffentlich gemacht habe, so Nečas am vergangenen Mittwoch. Unterstützung erfuhr Drobil auch von Staatspräsident Václav Klaus. Dennoch trat Drobil bereits einen Tag nach dem Auffliegen der Affäre zurück. Doch für die Opposition ist dieser Schritt nicht ausreichend. Sie fordert den Kopf des Regierungschefs:

„Es steht der schwere Verdacht im Raum, dass Minister Drobil und seine engsten Mitarbeiter mit der stillen Duldung von Premierminister Nečas gehandelt haben. Es ist möglich, dass Nečas bereits seit Mitte Oktober über die Vorgänge im Umweltministerium informiert war und nichts unternommen hat. Damit hat er de facto Drobil und seine Leute gedeckt“, so der geschäftsführende Sozialdemokratenchef Bohuslav Sobotka, der betont, Drobil sei so etwas wie der politische Ziehsohn von Nečas. Der Premier selbst habe sich in seiner Partei ODS dafür eingesetzt, dass Drobil ein Ministeramt bekomme. Deshalb haben die Sozialdemokraten einen Misstrauensantrag gegen die Regierung eingebracht, über den das Abgeordnetenhaus am späten Dienstagabend abstimmen wird.

Radek John  (Foto: ČTK)
Zwar verfügt die Mitte-Rechts-Koalition aus ODS, TOP 09 und der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten mit 118 von 200 Mandaten über eine bequeme Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Doch die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten und ihr Vorsitzender, der ehemalige Enthüllungsjournalist Radek John, wollten sich bisher nicht festlegen, ob sie für oder gegen die Regierung stimmen. Mehrere Krisensitzungen des Koalitionsausschusses verliefen trotz stundenlanger Verhandlungen ergebnislos. Das letzte Meeting am Montagabend platzte nach nur zwei Minuten, nachdem die Vertreter der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten erbost den Raum verlassen hatten. Das Schicksal der Regierung Nečas liegt nun in der Hand der 24 Abgeordneten der Partei von Radek John.