„Vernichten Sie das und Sie werden mein Stellvertreter!“
Der Regierung von Premier Nečas soll es zumindest formal an den Kragen gehen. Am Dienstag könnte das letzte Stündlein der erst fünf Monate alten Regierung schlagen, wenn sie nicht über eine so satte Mehrheit verfügen würde. Die Sozialdemokraten wollen wegen der möglichen Korruptionsaffäre um Umweltminister Drobil ein Misstrauensvotum initiieren. Christian Rühmkorf über einen sich rasant entwickelnden Fall.
Was ist in den letzten Tagen am Umweltministerium geschehen? Ein Korruptionsvorwurf und ein „personelles Erdbeben“, wie es der Nachrichtensprecher des Tschechischen Fernsehens bezeichnete.
Der letzte rollende Kopf gehörte dem Minister selbst, Pavel Drobil von den Bürgerdemokraten. Der wiederum hatte zuvor zwei Andere einen Kopf kürzer gemacht: seinen persönlichen Berater Martin Knetig und den Chef des Umweltfonds, Libor Michálek. Berater Knetig soll Michálek dazu aufgefordert haben, eine millionenschwere Ausschreibung so zu manipulieren, dass die „Provision“ in die Taschen des Ministers fließt. Der wiederum wollte damit angeblich seine Position innerhalb der bürgerdemokratischen ODS stärken, um irgendwann einmal Premier zu werden. Als Michálek sich Minister Drobil anvertraute und geheim angefertigte Aufnahmen des Korruptionsversuchs präsentierte, forderte der ihn auf, entweder zur Polizei zu gehen oder die Aufnahmen zu vernichten. Für die Vernichtung des Beweises bot er Michálek den Posten als stellvertretender Minister an. Allerdings: Auch dieses Gespräch hatte Michálek aufgenommen und den Medien zugespielt:„Ich werde nicht dulden, dass diese Medienkampagne zur Diskreditierung der Nečas-Regierung und der bürgerdemokratischen Partei missbraucht wird.“erklärte Umweltminister Drobil an der Seite des Premiers und trat sogleich darauf zurück. Nicht ohne jedoch auf seiner Unschuld zu bestehen. Auch Premier Nečas steht weiterhin zu Drobil. Dessen Fehler sei im Grunde nur eine schlechte Personalauswahl gewesen:
„Er hat mein Vertrauen – ich betrachte ihn als ordentlichen und ehrbaren Menschen.“
Die Polizei untersucht den Fall bereits seit Montag und hat den Chef des Umweltfonds Michálek, der die Gespräche geheim aufgenommen hatte, zum Verhör geladen. Das Einschalten der Polizei war wohl auch ein wesentlicher Grund, weshalb Umweltminister Drobil für den Premier nicht mehr haltbar war.
Drobil hatte sich nach Amtsantritt im Sommer daran gemacht, das Ministerium zu „entgrünen“. Nach fünf Monaten im Amt ist er nun über Mitarbeiter und eine mögliche Korruptionsaffäre gestolpert. Ein Schlag für Premier Nečas, der vor und nach den Wahlen die Antikorruptionsflagge deutlich sichtbar in den Wind gehalten hatte. Das Misstrauensvotum am Dienstag ist für den Premier und seine Mannschaft keine Gefahr. Die Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus sind eindeutig. Längst nicht mehr so eindeutig sind sie jedoch in der Bevölkerung, wie eine Umfrage diese Woche ergab.