Kryštofovo Údolí: Bürgerinitiative pflegt sudetendeutsche Gräber
Etwa acht Kilometer westlich des nordböhmischen Liberec / Reichenberg liegt die kleine Gemeinde Kryštofovo Údolí / Christofsgrund mit etwa 300 Einwohnern. 99 Prozent sind Tschechen. Vor dem Zweiten Weltkrieg war es aber ein überwiegend deutsch besiedeltes Dorf. Noch viel früher entstand dort im malerischen Tal am Bach Rokytka der Weiler „Holundergrund“ / „Bezové údolí“. An die alten Zeiten erinnert dort unter anderem die hölzerne frühbarocke Kirche des Hl.Christoph. Diese wurde dank Unterstützung ehemaliger Dorfbewohner, die nach dem Krieg die Tschechoslowakei verlassen mussten, renoviert. Der anliegende Friedhof verfiel aber weiter. Das hat sich dank einer Bürgerinitiative geändert. Jitka Mládková sprach darüber mit Ludmila Chaloupková aus Christofsgrund:
„Vor etwa fünf Jahren haben wir uns gesagt, dass sich unser Friedhof in einem recht erbärmlichen Zustand befindet. Man geht ja sehr oft an unserer Kirche und dem anliegenden Friedhof vorbei. Beides ist schließlich ein Teil unseres Dorfes. Mein Mann, dem der Stand der Dinge auch schon auf die Nerven ging, begann gemeinsam mit Freunden die schönen umgefallenen Grabsteine aufzustellen. Ich wollte dabei nicht außen vor bleiben. Mit ein paar Frauen haben wir die Gräber gereinigt und mit Blumen bepflanzt.“
Seitdem pflegen Sie den Friedhof weiter. Was alles machen Sie dort?„Das sind Aktionen zur Instandhaltung des Friedhofs. Es geht hier um die Gräber unserer ehemaligen sudetendeutschen Mitbürger, deren Nachkommen schon hoch betagte Menschen sind, die nicht mehr kommen können. Viele sind auch schon gestorben. Mittlerweile ist es aber zu einer schönen Gewohnheit geworden, dass wir uns – so etwa 25 bis 30 Leute - dreimal oder viermal im Jahr auf dem Friedhof treffen. Bei der Reinigung und Bepflanzung der Gräber knien nebeneinander Damen wie zum Beispiel eine Diplomingenieurin, Rentnerin Zahnärztin, Depotarbeiterin usw. Dabei quasseln wir und informieren uns gegenseitig über Neuigkeiten im Dorf. Man hat ein gutes Gefühl, dass man nicht nur im, sondern mit dem Dorf lebt.“
Kann man vielleicht sagen, dass Sie auf diese Weise auch den historischen beziehungsweise kulturellen Hintergrund ihres Dorfes allmählich in Erinnerung und damit auch in Ihr Leben bringen?„Ganz bestimmt. Unser Dorf, das im Grenzgebiet liegt, hat ein Problem. Ich würde es als Gedächtnisverlust bezeichnen. Immer, wenn ich unser Friedhofsteam mobil mache, haben wir alle das Gefühl, dass wir das verlorene Gedächtnis wieder aufleben lassen.“