Langzeitstudie vergleicht Meinungsklima in Tschechien und der Slowakei
Sind Sie mit Ihrem Leben zufrieden? Sehen Sie Ihrer Zukunft optimistisch oder pessimistisch entgegen? Was sind die größten Probleme der heutigen Gesellschaft? Diese und ähnliche Fragen haben sowohl tschechische als auch slowakische Meinungsforscher an insgesamt mehr als 5000 Personen gerichtet. Und zwar gleich in zwei Wellen, nämlich 1994 und 2004. Herausgekommen ist dabei eine umfangreiche Studie, mit der die langfristige Entwicklung des gesellschaftlichen Klimas in beiden Ländern miteinander verglichen werden kann. Dieser Tage wurde sie in Prag präsentiert. Gerald Schubert fasst zusammen:
"In der gegenwärtigen Entwicklungsphase der beiden Gesellschaften sind die Slowaken die größeren Optimisten", sagt Vera Haberlová vom Meinungsforschungsinstitut STEM. Zurückzuführen sei das paradoxerweise darauf, dass in der konservativ regierten Slowakei relativ einschneidende wirtschaftliche Reformen begonnen wurden, während die sozialliberale Regierung in Prag hier etwas vorsichtiger sei:
"Die politische Entwicklung in der Slowakei hat, auch wenn sie für viele Leute erhebliche Komplikationen bringt, eine gewisse Dynamik und Ausrichtung. Ob die Menschen dieser Ausrichtung nun zustimmen oder nicht - sie ist jedenfalls klar erkennbar. In Tschechien hingegen herrscht schon seit geraumer Zeit große Ratlosigkeit, und das ist auch im Meinungsklima zu sehen. Die Tschechen sind ein bisschen mehr abgestumpft und haben gegenwärtig weniger Optimismus als die Slowaken."
Trotz dieses Trends sehen derzeit immer noch mehr Tschechen als Slowaken ihre derzeitige Lebenssituation positiv. In Tschechien nämlich liegt der Anteil der Zufriedenen gleich bleibend bei etwa zwei Dritteln, in der Slowakei stieg er seit 1994 von 36 Prozent auf ungefähr die Hälfte. Unterschiedlich sind auch die Themen, die in den beiden Ländern als besonders problematisch empfunden werden. Vera Haberlová:"In Tschechien liegt hier eindeutig die Arbeitslosigkeit an der Spitze, gefolgt von Kriminalität, Korruption und allgemeinen Fragen der sozialen Sicherheit. Letztere sind bei den Slowaken die unangefochtene Nummer eins. Dort sind mehr als drei Viertel der Ansicht, dass vor allem Fragen der sozialen Sicherheit gelöst werden müssen."
Noch zwei Zahlen zum Schluss: Die Mitgliedschaft in der EU wird in Tschechien von 68 Prozent der Bevölkerung begrüßt, in der Slowakei sind es 79 Prozent. Die Meinungsforscher sind der Ansicht, dass die Slowaken größere Angst haben vor einer Isolation ihres Landes.