Letzte Ruhe für Alois Elias, den Ministerpräsidenten der Protektoratsregierung

Alois Elias

Der Ministerpräsident der tschechischen Protektoratsregierung zur Zeit der Nazi-Besatzung, Alois Elias, wird 64 Jahre nach seiner Hinrichtung offiziell begraben. Den Anlass dazu gab der Fund von Überresten des ehemaligen Generals und Politikers. Wer war Alois Elias? Darauf antwortet im nun folgenden Kapitel aus der tschechischen Geschichte Jakub Siska.

Alois Elias
Alois Elias war Soldat mit Leib und Seele. Während des Ersten Weltkriegs trat er in die neu formierte tschechoslowakische Legion ein, zunächst in Russland und dann noch in Frankreich. Nach der Entstehung der Tschechoslowakischen Republik nahm er als Stabskommandant an der Besatzung des Teschener Gebiets und der südlichen Slowakei teil. Anfang der zwanziger Jahre studierte Elias an der Militärakademie in Paris, nach seiner Heimkehr bekleidete er viele Chargen in der tschechoslowakischen Armee. Darüber hinaus war er auch in der Diplomatie tätig, sagt der Historiker Jan Uhlir:

"Anfang der dreißiger Jahre wurde er einer der engsten Mitarbeiter des damaligen Außenministers Edvard Benes. Das war zu der Zeit, als Benes bei der Abrüstungskonferenz in Genf die tschechoslowakische Delegation anführte. Bei dieser Konferenz verhandelte Elias auch mit dem deutschen Diplomaten Konstantin von Neurath. Beide Männer trafen sich zehn Jahre später nochmals: Elias als Ministerpräsident des Protektorats Böhmen und Mähren, und von Neurath als Reichsprotektor. Was bemerkenswert ist: Bei allen Verhandlungen sprachen sie französisch miteinander - sowohl in Genf, als auch in Prag."

Bevor Elias Ministerpräsident wurde, leitete er nach dem Münchner Abkommen das Verkehrsministerium. Das war damals eine der wichtigsten Positionen im Staatsapparat. Zum Beispiel wurde die Hauptstrecke zwischen Prag und dem östlichsten Teil der Republik an 14 Orten durch neue Grenzen unterbrochen. Das erschwerte die Versorgung der Bevölkerung, den Export und Import von Waren, die Postdienstleistungen usw. In unserem Rundfunkarchiv blieb die folgende Rede von Verkehrsminister Elias vom Dezember 1938 erhalten:

"Wir haben zunächst die Beförderung von Steinkohle aus den auf unserem Gebiet verbliebenen Kohlegruben gelöst. Besonders der Transport aus der Ostrauer Region war infolge der komplizierten Verbindungen mit anderen Teilen des Landes mit Schwierigkeiten belastet. Die Eisenbahnverwaltung achtete darauf, dass der Brennstoff für Einzelkunden wegen der nötigen Umleitungen nicht verteuert wurde. Es verbessert sich auch die Versorgung mit Braunkohle, die wir fast ganz verloren haben. Wir haben für die reibungslose Beförderung dieser Transporte aus dem Ausland alles Notwendige getan. Um die bisherigen Schwierigkeiten so schnell wie möglich zu beseitigen, stehe ich täglich mit der Deutschen Reichsbahn in Kontakt. Damit gelingt es uns, von Tag zu Tag die Menge der transportierten Kohle zu erhöhen."

Am 27. April 1939 übernimmt Alois Elias die Stelle als Ministerpräsident. Nach außen präsentiert er sich gegenüber den Deutschen loyal. Sein Ziel aber war, die erwartete Germanisierung mit allen Mitteln zu verzögern und die Rechte der tschechischen Nation zu verteidigen. Bereits vor seinem Amtsantritt war er sogar bei der Gründung einer bedeutenden Widerstandsorganisation dabei, die ehemalige Generäle der tschechoslowakischen Armee versammelte.

"Er war als Minister natürlich über alles informiert. Direkt im Regierungssitz hat er offiziell einen vierköpfigen Militärstab untergebracht, der seine Widerstandstätigkeit deckte. Diese beruhte auf der finanziellen Unterstützung von Widerstandsgruppen und auf Kontakten mit den Exilorganen in Paris und dann in London. Edvard Benes schrieb später, dass die Verbindung zwischen ihm und Prag bis zum Antritt von Heydrich im Jahr 1941 tadellos funktionierte."

Alois Elias hat den Widerstand gegen die Okkupanten nicht nur unterstützt, sondern war an diesem auch selbst unmittelbar beteiligt. Eine seiner erstaunlichsten Aktivitäten war der Plan zur Vergiftung von Staatssekretär Karl Hermann Frank, der aber nicht realisiert wurde. Die Vergiftung von mehreren mit den Nazis kollaborierenden Journalisten klappte hingegen. Diese hatten sich offen über die mangelhafte Unterstützung seitens des Ministerpräsidenten beklagt. Da beschloss der Regierungschef, sie zum Gespräch einzuladen und mit belegten Brötchen zu vergiften.

"Er hat im Voraus bei seinem persönlichen Urologen mehrere Sorten von Gift bestellt: Das gefährlichste war Botulinumtoxin, das so genannte Wurstgift. Weiter gab es noch Typhus- und Tuberkulosebakterien. Der Urologe hatte diese Stoffe in seiner Ordination in die Brötchen gespritzt, und Elias brachte sie persönlich in seine Kanzlei. Dort hat er an den einzelnen Brötchen Namenszettel angebracht, um klar zu machen, was wem gehörte. Der Erfolg kam wie erwartet: Alle bewirteten Journalisten hatten verschiedene Gesundheitsprobleme, einer von ihnen ist gestorben. Dieser Mann war Karel Laznovsky, laut Historikern ein eingefleischter Kollaborateur und Chefredakteur des Blattes 'Tschechisches Wort'. Wahrscheinlich war er aber schon vorher nicht ganz gesund."

Reinhard Heydrich  (links) mit Karl Hermann Frank
Die Journalisten wurden am 18. September 1941 vergiftet. Zehn Tage danach kam Reinhard Heydrich als Reichprotektor nach Prag, und der Ministerpräsident wurde festgenommen. Die Nazis hatten seine Verhaftung schon lange vorbereitet - sie wussten von seinen Kontakten zu Edvard Benes und warteten nur auf einen passenden Moment. Anfang Oktober 1941 wurde Elias wegen Hochverrats am Reiche zum Tode verurteilt. Aus Angst vor Unruhen im Protektorat wurde die Hinrichtung nicht sofort durchgeführt. Erst im Juni 1942, im Zuge der Rache für den Anschlag auf Heydrich, wurde Alois Elias erschossen.

"Dass es uns nun gelungen ist, die Urne mit seiner Asche zu bekommen, das ist ein kleines Wunder. Mein Kollege Jiri Pasak war mit der Familie Elias befreundet, und schon lange bemühte er sich, die Öffentlichkeit an den Namen des hingerichteten Politikers zu erinnern. Bevor die alte Witwe von Alois Elias ins Krankenhaus musste, hatte sie ihm verraten, dass sie zu Hause eine Urne mit der Asche ihres Mannes hat. Kollege Pasak hat sie an sich genommen und viele Jahre daheim aufbewahrt. Vor kurzem, als wir uns mit der Geschichte von Alois Elias erneut befassten, hat uns Pasaks Witwe die Urne gebracht. Von da an engagierten wir uns dafür, dass General Elias offiziell begraben werden kann. Es sollte dabei um keine Rehabilitierung gehen - die braucht diese Persönlichkeit nicht - sondern um die Erinnerung an einen Helden und tschechischen Patrioten", sagt der Historiker Jan Uhlir.

Das staatliche Begräbnis des vor 64 Jahren hingerichteten Ministerpräsidenten findet am 7. Mai statt. Alois Elias war der einzige Staatsrepräsentant in den besetzten Ländern, den die Nazis hinrichten ließen.