Lída Baarová – Kinostar aus Prag und Goebbels Geliebte

Lída Baarová

Sie stammte aus einer kleinbürgerlichen Familie und flog ganz hoch, bis ihre Flügel verbrannten. Die Geschichte der tschechischen Schauspielerin Lída Baarová hat tragische Züge. Der einstige Filmstar starb im Jahr 2000 vereinsamt in Salzburg. Baarovás Schicksal wurde von einer einzigen Episode ihres Lebens überschattet: Sie war die Geliebte von Goebbels. Die Geliebte des Teufels, wie beispielsweise der WDR titelte. Ende Oktober sind zehn Jahre seit dem Tod von Lída Baarová vergangen, und vor kurzem kam in Tschechien ein neues Buch über sie heraus. Höchste Zeit für ein Portrait der legendären Filmschauspielerin.

„Vám, jenom Vám svou lásku dám“„Ihnen, nur Ihnen gebe ich meine Liebe“, sang Lída Baarová 1933 im Duett mit Hugo Haas. So viel Lída Baarová über die Liebe gesungen hat in ihren Filmen, so sehr wurde diese ihr zum Schicksal. Doch von vorne…

Baarová wächst im Prager Stadtteil Nusle auf. Die Beamtentochter setzt zu Hause durch, dass sie auf die Schauspielschule gehen darf. Mit 17 Jahren bereits kommt sie in die Filmstudios von Barrandov. Vom heraufziehenden Stern der Baarová ist indes damals noch nicht so viel zu sehen, wie Ondřej Suchý sagt. Suchý hat im November das derzeit neueste Buch über Baarová veröffentlicht:



„Sie war eine fürchterliche Schauspielerin, als sie begann. Das war so grauenhaft, schlecht und dumm. Aber ihre schauspielerische Leistung ging steil nach oben bis zur Protektoratszeit. Zum Beispiel in der Komödie ´Mädchen in Blau´, das war ein guter Auftritt.“

Nach Deutschland kommt Lída Baarová bereits mit 20 Jahren. Die Ufa hatte die junge Tschechin zu Probeaufnahmen für den Film Baccarole eingeladen. Baarová erhält die Rolle und spielt an der Seite von Gustav Fröhlich. Man kommt sich näher und letztlich ziehen beide zusammen in ein Haus in Berlin. Mit ihrem Talent für Sprachen und wachsender Bühnenpräsenz setzt sich Baarová auf dem deutschen Markt durch. Sie spielt, tanzt und singt in einem Film nach dem anderen.

Ondřej Suchý mit dem Buch über Lída Baarová  (Foto: www.ct24.cz)
Als ausgesprochen schöne Frau ist Lída Baarová umschwärmt von Männern aus dem Showbusiness und aus der Politik. Das Pech: Im Berlin zur damaligen Zeit sind das selbstverständlich Nazis.

Joseph Goebbels, Hitlers Propaganda-Minister, ist auch für die Kulturpolitik im Deutschen Reich zuständig. Und die junge Schauspielerin will weiter nach oben. Als „Bock von Babelsberg“ verschrien, ist Goebbels ein Frauenheld. Er umwirbt die attraktive Tschechin nach allen Regeln der Kunst. Es braucht nicht lange, da erliegt diese den Avancen und trennt sich von Fröhlich. Die Schauspielerin und der Minister entbrennen in starker Liebe zueinander. Doch warum gerade der spindeldürre Obernazi? Dies ist die wohl die geheimnisvollste Frage im Leben von Lída Baarová. Die Schauspielerin hat sie selbst ziemlich mystifiziert.

Stanislav Motl, ein weiterer tschechischer Publizist, hat schon vor einigen Jahren ein Buch über die Beziehung Baarová / Goebbels geschrieben. Die letzten zehn Lebensjahre der Schauspielerin war er in Kontakt mit ihr. Vor einiger Zeit sagte er im Tschechischen Fernsehen, dass Künstler damals regelmäßig auch mit der Nazi-Elite zusammentrafen und dies an sich noch nichts bedeutet haben musste:

„Joseph Goebbels, des Teufels Stellevertreter, der Nazi-Propaganda-Minister, war im Jahr 1935 noch kein Nazi-Verbrecher. Es war eine Zeit, als Hitler, Goebbels und weitere noch von den Diplomaten aus verschiedenen europäischen Ländern empfangen wurden. Das ist noch nicht der Goebbels, der 1943 den totalen Krieg ausruft oder während der Reichskristallnacht brüllt. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit sich Baarová versündigt hat. Aber eines kann ich sagen: Ich habe keinen Hinweis dafür gefunden, dass sie während des Protektorats jemandem Schaden zugefügt, jemanden verraten oder mit der Gestapo zusammengearbeitet hat.“

Lída Baarová und Joseph Goebbels  (rechts)
Lída Baarová soll später, während der Nazi-Besatzung Böhmens und Mährens, vielmehr sogar dem bekannten Regisseur Ladislav Brom geholfen haben, aus dem Gestapo-Gefängnis freizukommen. Soviel zur polithistorischen Bewertung der Beziehung.

Interessant dabei indes: Der Rest von Lída Baarovás Familie war eigentlich antinationalsozialistisch eingestellt, das trifft auf ihren Vater jedenfalls zu und besonders auf ihre Schwester Zorka. Gewarnt war sie also. Und dies wurde sie auch von einer ihrer tschechischen Schauspieler-Kolleginnen. So schreibt Adina Mandlová in ihren Erinnerungen, wie Baarová ihr die Liebe zu Goebbels gestand:

„Ich begann ihr dies auszureden, weil Goebbels ein Nazi ist. Auch wenn ich selbst damals über die Nazis nicht viel wusste, ahnte ich zumindest, dass dies Lída nicht gut tun würde. Aber sie seufzte nur und sagte, dass sie das alles wisse, aber sie könne sich nicht helfen.“

Warum also hat Lída Baarová alles gute Zureden missachtet? Auch Ondřej Suchý beschäftigt sich in seinem kürzlich erschienen Buch vor allem mit der Beziehung Baarová / Goebbels. Er hat dabei drei Erinnerungen der Schauspielerin miteinander verglichen, die im Abstand einiger Jahre in Tschechisch und Deutsch herausgegeben wurden. Teilweise widersprüchlich seien dort die Aussagen von Baarová über die Liebe zu Goebbels, sagt er. Mal stelle sie sich als Opfer der Liebe dar, mal deute sie an, dass diese Liebe beidseitig war. Doch Suchý ist auf einen weiteren Aspekt gestoßen:

Zdenka Sulanová
„Ich habe eine tschechische Schauspielerin ausfindig gemacht, Zdenka Sulanová, einen Vorkriegsstar, dessen Karriere nicht lange dauerte. Und sie meinte, sie sei dabei gewesen, wie Lída Baarová in Barrandov sagte: ´Joseph Goebbels war der einzige Mann, der mich sexuell befriedigt hat.´“

Mag das die Erklärung sein? Nur Lída Baarová selbst kann dies beantworten – das heißt: Nur sie hätte es zu Lebzeiten beantworten können.

Doch die Geschichte von Baarová und Goebbels geht noch weiter. Der Nazi ist so vernarrt in seine „Liduschka“, dass er nach zwei Jahren sogar die Scheidung einreichen will. Er will alles aufgeben und als Konsul nach Japan gehen. Nun wird seine Frau Magda, die im Übrigen auch eine außereheliche Affäre unterhält, bei Hitler vorstellig. Es kommt zur Staatsaffäre. Hitler gerät außer sich: Er fordert seinen Minister auf, die Beziehung zur Tschechin zu beenden. Goebbels ist nur noch ein Häufchen Elend, Hitler will ihn entlassen, doch es ist das Krisenjahr 1938 und er braucht den Propagandachef. Am 24. Oktober kommt es zur offiziellen Versöhnung der angeblichen Musterehe Goebbels. Und Lída Baarová? Sie wird mit Schimpf und Schande aus Deutschland in das besetzte Prag verjagt. Ein bisschen Karriere kann sie noch im Protektorat machen, doch 1941 erhält sie auch dort Berufsverbot.

Bei Kriegsende ist Baarová 30 Jahre alt. Wegen ihrer Liebe zu Goebbels kommt sie in Untersuchungshaft, wird aber später frei gesprochen. Doch für den Rest der Familie ist das Schicksal nicht mehr aufzuhalten. Ihre jüngere Schwester Zorka, ebenfalls Schauspielerin, hatte Lída Baarová immer Vorhaltungen gemacht wegen der Beziehung zu Goebbels. Nun wird ausgerechnet ihr Auftrittsverbot erteilt. Verzweifelt nimmt sie sich im März 1946 das Leben. Dazu Ondřej Suchý:



„Nicht nur, dass ihre Schwester Selbstmord begangen hat, auch ihre Mutter starb bei einem Verhör an einer Herzattacke und ihr Vater verlor nach einer Krankheit ein Bein. Es war eine Familientragödie.“

Auch die Flucht aus der Tschechoslowakei nach Österreich im Jahr 1948 befreit Lída Baarová nicht. Trotz späterer kleinerer Erfolge wie zum Beispiel in Fellinis Kleinstadtsatire „Die Müßiggänger“ wird sie die Goebbels-Affäre nie mehr los. Alle Journalisten hätten sie immer nur danach gefragt, so klagt sie Stanislav Motl gegenüber in einem ihrer letzten Lebensjahre. Letztlich stirbt Lída Baarová am 27. Oktober 2000 in Salzburg - einsam und verbittert.