Lissabon-Vertrag – Klaus strapaziert die Geduld der Politiker Europas

Václav Klaus (Foto: ČTK)

Nach der Ratifizierung des Lissabon-Vertrags durch den polnischen Präsidenten Lech Kaczynski am Samstag, wartet die EU nur noch auf Tschechien. Dort liegt der Vertrag noch auf dem Tisch des Verfassungsgerichts. Aber auch, wenn die Richter die Verfassungsmäßigkeit des Dokuments feststellen sollten, will der tschechische Präsident Václav Klaus seine Unterschrift verweigern. Am Freitag preschte Klaus mit einer Bedingung vor.

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Es geht einmal mehr um die so genannten Beneš-Dekrete, auf deren Grundlage nach dem Zweiten Weltkrieg Millionen Deutsche in der damaligen Tschechoslowakei enteignet und vertrieben wurden. Präsident Klaus befürchtet, der Lissabon-Vertrag könnte ihre Aufhebung nach sich ziehen. Die Bedingung für seine Unterschrift: ein Anhang zur Europäischen Grundrechtecharta.

„Damit würde uns garantiert, dass der Lissabon-Vertrag nicht zu einer Aufhebung der so genannten Beneš-Dekrete führen kann. Ich bin überzeugt, dass sich diese Ausnahme schnell einrichten lässt.“

Namhafte Verfassungsrechtler sind sich indessen einig, dass Klaus’ Befürchtungen gegenstandslos seien. Darauf beruft sich auch Premier Jan Fischer:

„Die tschechische Regierung hat allen Aspekten des Lissabon-Vertrages ihre Aufmerksamkeit gewidmet, inklusive dem Risiko einer Aufhebung der Beneš-Dekrete. Alle Analysen, die wir zur Verfügung haben schließen eine solche Möglichkeit aus.“

Unterdessen wächst in Europa der Unmut über den als entschiedenen Lissabon-Gegner bekannten Klaus. Laut einem Bericht der Londoner „Sunday Times“ drängen Deutschland und Frankreich auf eine Änderung der tschechischen Verfassung, die dem Präsidenten sein Veto-Recht nehmen würde, oder auf Klaus’ Amtsenthebung. Angeblich habe der französische Präsident Nicolas Sarkozy sogar mit einen Ausschluss Tschechiens aus der EU gedroht. Einen solchen Druck weist aber selbst Alexandr Vondra zurück, der als ehemaliger Europaminister den Lissabon-Vertrag unterstützt hat:

„Es ist sicher nicht an Land X oder Land Y, ob das nun Frankreich oder irgendein anderes Land ist, uns zu beraten, wer tschechischer Präsident sein soll. Das ist eine tschechische Angelegenheit.“

Foto: Europäische Kommission
Doch auch die Geduld der tschechischen Politiker stößt langsam aber sicher an ihre Grenzen. Die Bürgerdemokraten erklärten, der Präsident hätte seine Forderung früher vorbringen müssen. Christdemokratenchef Cyril Svoboda forderte Klaus zum Rücktritt auf. Der Vorsitzende der Grünen, Ondřej Liška, empfiehlt gar die Möglichkeiten einer Abwahl des Staatspräsidenten auszuloten. Die Sozialdemokraten hingegen ließen Verhandlungsbereitschaft erkennen. Ihr Chef Jiří Paroubek gab der Hoffnung Ausdruck, dass es sich nun um die wirklich letzte Bedingung von Klaus handelt. Wie auch immer, die Regierung von Premier Fischer jedenfalls will auf ihrer Sitzung am Montagnachmittag über das weitere Vorgehen in der Angelegenheit beraten.