Das Dorf Selibov hat knapp 30 Einwohner. Trotzdem haben rund 16.000 Menschen im vergangenen Jahr den südböhmischen Ort besucht. Der Grund ist das dortige Museum tschechischer Märchen. Nach der Winterpause wird es am 1. Mai wieder geöffnet. Vor Beginn der neuen Saison stellten die Mitarbeiter des Museums ihre so genannte „Märchenschmiede“ vor.
Ehemalige Schmiede in Selibov (Foto: Richenza, Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Das südböhmische Dorf Selibov liegt etwa fünf Kilometer südlich von Písek und gehört zur Stadt Protivín. Das winzige, aber malerische Dorf weckte voriges Jahr nicht nur die Aufmerksamkeit von Märchenliebhaberen, sondern auch der Tourismus-Experten. Denn das dortige Museum, die so genannte „Märchenschmiede“ war erfolgreich bei einem Wettbewerb, der jedes Jahr von der staatlichen Tourismus-Agentur CzechTourism organisiert wird. Sie siegte in der Kategorie „Unternehmerische Idee“. Die Idee für das Museum tschechischer Märchen hatte vor einigen Hana Procházková. Sie leitet heute das Museum:
Foto: Romana Kostohryzová, Archiv des Tschechischen Rundfunks
„Es war schon immer mein Traum, ein Märchenmuseum zu errichten. Ich bin Lehrerin von Beruf und habe jahrelang unterrichtet. Später habe ich als Verwalterin in einigen Schlössern gearbeitet. Auch dort bemühte ich mich, immer eine Sonderausstellung mit Märchenmotiven für die Kinder zu gestalten, die das Schloss besuchen. Vor etwa zwei Jahren begann ich zusammen mit meiner Tochter, nach einem geeigneten Ort für ein Märchenmuseum zu suchen. Als ich die historische Schmiede in Selibov sah, war das wie Liebe auf den ersten Blick. Das Gebäude ist zwar ein Kulturdenkmal, es war aber in einem erbärmlichen Zustand. Wir haben das Haus gekauft, instandgesetzt und im Frühjahr 2011 für die Besucher geöffnet.“
Foto: Romana Kostohryzová, Archiv des Tschechischen Rundfunks
In der historischen Schmiede begegnet man Wassermännern, Wassernixen, Teufeln, Drachen, Waldgeistern und vielen anderen Märchenhelden. Rund 100 Figuren und Marionetten gibt es im Museum. An der Gestaltung der Schmiede beteiligten sich auch einige tschechische Maler – wie beispielsweise Karel Franta. Durch das Museum werden die Besucher von einem Kobold oder eine Märchenfee geführt. In einem geheimnisvollen Wald begegnet man Hänsel und Gretel samt Hexe, im Teufelszimmer wird gerade eine Teufelshochzeit gefeiert. Wer will, kann den Zauberspiegel befragen, wer der oder die Schönste auf der Welt ist. Und wer Rätsel mag, kann seine Kenntnisse im Bereich Märchen testen. Hana Procházková will das Museum aber noch erweitern:
Foto: Romana Kostohryzová, Archiv des Tschechischen Rundfunks
„Als ich die Schmiede kaufte, sagten meine Freunde, sie sei zu klein für meine Pläne, ein Schloss wäre besser gewesen. Ich will das Angebot ein wenig erweitern, aber es soll kein Disneyland entstehen. Ich wünsche mir, dass sich die Menschen bei uns wie bei der Oma auf dem Lande fühlen.“
Und das wüssten auch ausländische Touristen zu schätzen, sagt die Museumsleiterin:
„Unter ihnen sind viele deutschsprachige Besucher, aber auch Touristen aus Großbritannien, Kanada oder Schweden. Die Ausländer haben kein Problem damit, sich in den Märchen auszukennen. Für die Briten stellen zwar die Teufelsfiguren etwas Neues dar, wir erklären ihnen aber, worum es in den entsprechenden Märchen geht. Wir nutzen im Museum auch Legenden aus der Umgebung von Selibov, die von Wassermännern aus den hiesigen Teichen erzählen. In der Schmiede gibt es zudem einen Goldfisch, der Wünsche erfüllt. Die ausländischen Besucher jedenfalls verstehen die Geschichten und genießen das Märchenmuseum.“
Foto: Romana Kostohryzová, Archiv des Tschechischen Rundfunks
Die Märchenschmiede in Selibov ist im Mai, Juni und September nur am Wochenende von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Im Juli und August kann das Museum täglich besucht werden, und zwar von 10 bis 17 Uhr. Außerdem lassen sich für Reisegruppen eigene Führungen zu weiteren Terminen bestellen.