Magische 101 Stimmen im Abgeordnetenhaus

Von links: Martin Bursik, Mirek Topolanek  und Miroslav Kalousek (Foto: CTK)

Sieben Wochen nach den Parlamentswahlen in Tschechien und unzähligen Stunden, die die Parteienvertreter am Verhandlungstisch verbracht haben, kommt ein Funken Hoffnung auf, dass eine neue tschechische Regierung doch gebildet werden kann. Ob aus dem Funken tatsächlich eine tragfähige Regierung entstehen kann, ist immer noch unklar. Bara Prochazkova berichtet.

Von links: Martin Bursik,  Mirek Topolanek  und Miroslav Kalousek  (Foto: CTK)
Ein Hundert und Eins - das ist die magische Zahl, um die sich seit den vergangenen Wochen in Tschechien alles dreht. So viele Stimmen bedeuten nämlich die kleinstmögliche Mehrheit für Abstimmungen im Abgeordnetenhaus. Bereits drei gescheiterte Versuche, den Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses zu wählen, haben die 200 Abgeordneten hinter sich. Denn sowohl die Mitte-Rechts-Koalition aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und den Grünen als auch das linke Spektrum aus Sozialdemokraten und den Kommunisten haben jeweils 100 Stimmen. Den entscheidenden Durchbruch verkündete der Chef der Bürgerdemokraten, Mirek Topolanek:

"Wir sind bereit, mit den Sozialdemokraten bis zur Wahl am Freitag zu verhandeln. Die Koalition wird keinen Kandidaten stellen und empfiehlt den Sozialdemokraten einen eigenen Kandidaten vorzuschlagen."

Premier Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Und dies ist auch am Mittwoch geschehen. Der einzige Kandidat für für den Posten des Abgeordnetenhausvorsitzenden ist der Sozialdemokrat Lubomir Zaoralek, der bereits in der vergangenen Wahlperiode die Untere Parlamentskammer geführt hat. Der Abgeordnetenhauschef kann bei der dritten misslungenen Regierungsbildung einen neuen Premierminister vorschlagen. Zaoralek verpflichtete sich nun im Voraus, er würde in diesem Fall nur denjenigen Premier vorschlagen, der vorher eine Mehrheit im Parlament hinter sich hat. Dazu der Chef der Grünen, Martin Bursik:

Lubomir Zaoralek  (Foto: CTK)
"Die Bedingung, dass der zukünftige Premierminister mindestens 101 Stimmen benötigt, scheint mir besser zu sein als eine Bedingung, dass sich alle fünf politischen Parteien einigen müssten. Ich betrachte dies als eine Möglichkeit, um aus dem politischen Patt herauszukommen. Es soll in keinem Fall das Ende des Koalitionsprojektes sein, eher im Gegenteil."

Die Sozialdemokraten sehen die Koalition jedoch als gescheitert an, kommentierte ihr Vize-Vorsitzende Bohuslav Sobotka. Mit einem neuen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses könnte nun die bisherige Regierung den Platz für eine neue freigeben. Der Chef der Sozialdemokraten und bisherige Premierminister, Jiri Paroubek:

"Falls es gelingt, alle Posten bei den Parlamentsausschüssen personell so zu besetzen, dass alle im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien damit einverstanden sind, dann kann die Sitzung des Abgeordnetenhauses beendet werden. Am kommenden Montag kann dann meine Regierung zurücktreten."

Es gibt aber doch noch einen kleinen Haken - die Sozialdemokraten stellen den Kandidaten nur dann, wenn sich die Koalition vorher verpflichtet, ihn zu unterstützen. Die Verhandlungen laufen bis dahin also auf Hochtouren.